DIE BMW-REIHEN-SECHSZYLINDER

GEBAUT FÜR SIEG UND SERIE

(Sport Auto 1/1975. Dr. Fritz Indra. D.)  

Ohne Zweifel gehört der Reihen-Sechszylinder von BMW zu den erfolgreichsten Motorkonstruktionen der letzten Jahre, ob er nun als 2,5-Liter-Serienaggregat oder als heißer 3,5-Liter-Rennmotor seinen Dienst tut. Dr. Fritz Indra, Dipl.-Ing. Und Motorenmann bei Alpina, beschreibt Geschichte, Merkmale und Grenzen jenes berühmten Trieblings.

Die Entwicklung des 2,5-Liter-BMW-6-Zylinder-Motors wurde vor etwa acht Jahren begonnen. Zwar hatte man im 4-Zylinder-Motor ein sehr gutes Vorbild, abor wohl keiner der mit dem neuen Projekt betrauten Konstrukteure ahnte damals, wie erfolgreich gerade dieser Motor sein würde, und welche Reserven man ihm mitgegeben hatte.

   Bis zum heutigen Tag – und ein Ende ist noch lange nicht abzusehen – hat sich der Basismotor zusammen mit seinen Artgenossen, dem 2,8 Liter und dem 3,0 Liter, seine jugendliche Frische bewahrt. BMW’s jüngstem Kind, dem 525, dient er in praktisch unveränderter Form als Antriebsquelle, und es gibt wohl niemanden, der behauptet, daß er nicht in das moderne Konzept dieses Autos paßt. Weicher, vibrationsarmer Lauf, Elastizität und Durchzugsvermögen, Geräuscharmut, lange Lebensdauer und günstiges Abgasverhalten sowie hohe Wirtschaftlichkeit sind bei einfacher Motorbauweise und geringen Montagekosten Fakten, die die Behauptung zulassen, daß es zur Zeit keinen vergleichbar guten 6-Zylinder-Motor gibt.

   Nicht einmal die Entwicklung zum Rennmotor, die mit dem 3,5-Liter-2-Ventil-Motor ein vorläufiges Ende fand und mit dem 3,5-Liter-4-Ventil-Motor fortgesetzt wurde und wird, vermochte die echten Grenzen des ursprünglich für 150 PS ausgelegten Motors aufzuzeigen. Natürlich gibt es viele bekannte Rennmotoren, die von einem Großserienmotor abgeleitet wurden. Was es aber nur ganz selten gibt, ist, daß funktionswichtige Bauteile wie Motorblock, Kurbelwelle, Lager, Nockenwellenantrieb, Ventiltrieb und soweit es die Motoren mit 2 Ventilen pro Zylinder betrifft – auch der Zylinderkopf vom Ausgangsprodukt übernommen werden können und alleine durch nachträgliche Bearbeitung renntauglich gemacht werden. So dankbar eine Rennabteilung für einen Motorblock ist, der statt der ursprünglichen 150 PS bei 6000 U/min auch 430 PS bei 8300 U/min verdaut, ohne daß Lagerblöcke ausreißen oder Verzug an Zylindern oder Dichtflächen auftritt, muß man sich heute, wo sich Motorpreise nicht zuletzt nach dem Motorgewicht (reine Materialkosten) richten, doch sagen, daß hier ursprünglich recht großzügig zur Sache gegangen wurde. Andererseits ersparte man sich dabei gewiß hohe, nachträgliche Investionskosten, die bei zu knapper Auslegung notwendig geworden wären.

 

Mit dem 2,8 Liter waren die ersten Renneinsätze möglich

Eine Diagramm zeigt die Vollastkurven der beiden Motoren. Nach dem heutigen Stand der 6-Zylinder-Rennmotorenentwicklung liegt die Maximalleistung knapp dreimal höher als beim Basismotor.

   Obwohl ein geschulter Techniker die Möglichkeiten des BMW-6-Zylinder-Motors im Hinblick auf Leistungssteigerung (steifer Block, ausreichend dimensionierte Haupt- und Pleuellager, thermisch gesunder Zylinderkopf mit günstiger Kerzen- und Ventillage und im Zylinderkopf liegende Nockenwelle) schon früh erkennen mußte, ergaben sich erst mit Einführung des 2,8-Liter-Motors in der Straßenlimousine im Frühjahr 1969 wirklich positive Aspekte im Hinblick auf den Einsatz dieses Motors im sportlichen Wettbewerb.

   Die Kurbelwelle des 2,8-Liter-Motors mit 80 mm Hub (bisher 71,6 mm), erlaubte es nun, durch Vergröserung der Bohrung von 86 auf 89 mm die Hubraumklasse bis 3 Liter voll auszuschöpfen.

   Trotzdem wurden die ersten sportlichen Einsätze, die im Sommer und Herbst 1969 von Alpina geplant und auch durchgeführt wurden, mit dem 2,8-Liter-Motor gefahren, weil man befürchtete, daß sich beim Aufbohren auf 3 Liter Hubraum die Zylinderwände zu weit schwächen würden. Die Folge dieser Schwächung können schlechte Leistung und hoher Ölverbrauch durch unrunde Zylinderbohrung sein. Diese Befürchtung war jedoch unbegründet. Außerdem bediente man sich etwas später einer Motorblockauslese, indem man mit Ultraschall für die 3-Liter-Motoren Blöcke mit möglichst gleichmäsiger Zylinderwandstärke auswählte.

   Der erste Nachkriegs-BMW-6-Zylinder-Motor, der in einem Rundstreckenrennen eingesetzt wurde, war ein 2,8-Liter-Motor in einem 2800 CS Coupé. Das Rennen war der 8. Lauf zur Tourenwagen-Europameisterschaft 1969 in Spa-Francorchamps und ist schon deshalb erwähnenswert, weil Daimler-Benz nach längerer Rennpause wieder einen Werkseinsatz fuhr. Nach hervorragenden Trainingszeiten wurden jedoch die zu schweren Mercedes-Tourenwagen vom Start zurückgezogen, weil man in der kurzen zur Verfügung stehenden Zeit die Reifenprobleme nicht lösen konnte.

   Mit dem Alpina-Coupé, mit dem man auf Anhieb die Klasse bis 3 Liter gewann, verbrauchte man 22 Reifen, die auf nur 6“ breiten Serienfelgen montiert waren. Der Tourenwagen-Rennsport wurde in diesen Jahren eindeutich von den 2-Liter-Fahrzeugen beherrscht, das Coupé bei seinem ersten Auftreten infolge seiner Größe und seines hohen Gewichtes mitleidig belächelt.

 

Auch mit Serienteilen erreicht man hohe PS-Leistungen

Wie gut sich der 6-Zylinder-Motor zur Leistungssteigerung eignete, bewiesen die 270 PS bei 7200 U/min, die man schon nach einer kurzen Entwicklungszeit erreichte. Das entspricht einer Literleistung von 96,5 PS, und die ist in Anbetracht der tatsache, wie man sie erreichte, sehr beachtlich. Außer den Ventilfedern, der Nockenwelle und den Kolben wurden ausschließlich Serienteile verwendet, die nachträglich „veredelt“ wurden.

   Die Serienpleuel waren erleichtert und besonders sorgfältig poliert, um Brüchen vorzubeugen. Geschmiedete, nach oben gewölbte Kolben bildeten zusammen mit dem umgearbeiteten Zylinderkopf den Brennraum, der in seiner Form nicht unerheblich von der Serie abwich. Soweit es die Ventil- und Kerzenlage gestattete, bemühte man sich, den Brennraum auf halbkugelige Form zu bringen, um die Ein- und Ausströmbedingungen für die Gase zu verbessern. Diese Maßnehme förderte zusammen mit einer Nockenwelle mit langen Öffnungszeiten den Luftdurchsatz und damit auch die Leistung, konnte jedoch nur durchgeführt werden, weil der Zylinderkopf im Bereich der Brennräume ausreichende Wandstärke aufweist. In den folgenden Jahren entwickelte sich dann auch der Brennraum der Serienmotoren in ähnlicher Richtung.

   Während beim 1. Rennmotor sogar die beiden Auspuffkrümmer Serienteile waren, wurde die Ansaugseite kräftig überarbeitet. Drei Doppelvergaser mit je 45 mm Durchmesser mit offenen Einlauftrichtern und auf kurzen Krümmern montiert versorgten den Motor mit dem benötigten Kraftstoff-Luft-Gemisch.

 

Breite Rennreifen bedingen eine teure Ölversorgung

Daß die Rennmotoren der damaligen Zeit vom heutigen Stand weit entfernt waren, zeigte sich auch in der Ölversorgung. Während die Druckumlaufschmierung einschließlich Ölpumpe vom Serienmotor übernommen wurde, waren die Ölwannen kunstvolle Gebilde mit verschiedenen, schottartigen Zwischenblechen und Klappen, die dazu dienen sollten, das Öl bei allen Fahrzuständen in der Nähe des Ansaugrüssels der Ölpumpe zu halten. Daß diese Maßnahmen überhaupt Erfolg hatten, war nur auf die schmalen Rennreifen zurückzuführen. Bei den heute in den Tourenrennwagen verwendeten wesentlich breiteren Reifen, die ungleich mehr Längs- und Querkräfte aufnehmen können, ist nur mehr eine Trockensumpfschmierung mit Spezial-Öltank erfolgversprechend. Freilich war man in der Entwicklung auch dadurch gehandikapt, daß für diesen jungen Motor noch gar keine Spezialteile, wie Trockensumpfpumpen oder längere Rennpleuel homologiert waren, und somit auch nicht benutzt werden durften.

   Nach einem weiteren Jahr Entwicklung errang Alpina auf derselben Rennstrecke einen seiner Größten Erfolge. Am 25./26. 7. 1970 wurde das bedeutendste Tourenwagenrennen, die 24 Stunden Spa-Francorchamps, mit den Fahrern Kelleners-Huber gewonnen. Damit hatte der BMW-6-Zylinder-Motor das bewiesen, was man sich erwartet hatte: hohe Leistung bei gleichzeitig langer Lebensdauer.

   Im Jahre 1970 hatte sich auch die Firma Schnitzer unter Realisierung eigener Ideen an den Motor herangemacht. Man ging sofort auf 3 Liter Hubraum, und schon der erste Motor besaß eine schiebergesteuerte Hochdruck-Benzineinspritzung. Daß man in Freilassing (Schnitzer) damals freier atmete als in Kaufbeuren (Alpina), zeigte sich am Schieberdurchmesser von 43 mm und in einer richtig abgestimmten Auspuffanlage, die mit gliechen Rohrlängen und je einem Fächer die Zylinder 1,2,3 und 4,5,6 verband. Die beiden Endrohre waren als Diffusor ausgebildet, wurden getrennt unter der rechten Wagentür ins Freie geführt und verhalfen dem Motor zum nicht zu überhörenden Schnitzer-Sound. Der auf Spitzenleistung getrimmte Motor legte auch prompt 324 PS vor, während man bei Alpina mit den 3-Liter-Vergasermotoren und der sehr einfachen Auspuffanlage bei ca. 300 PS blieb, aber dafür auf längere Lebensdauer pochte.

 

Eine Literleistung von 112 PS war das absolute Maximum

Die Firma Schnitzer verlegte sich auch mehr auf Berg- und Kurzstrekkenrennen, wobei man zwei Jahre hintereinander die Berg-Europameisterschaft gewann. Auf den ganz großen ersten Erfolg mußte man bis zum 29.8.1971, dem Europameisterschaftslauf in Zandvoort , warten. Dieter Quester fuhr gegen die leichten Ford Capri, die 1971 und 1972 den Tourenwagenrennsport beherrschten, einen vielbeachteten Sieg heraus.

   Während den Capri 290 PS genügten, um die schweren BMW-Coupés sicher im Griff zu haben, bemühte man sich bei den BMW-Motoren um echte Spitzenleistungen, nachdem nun Trockensumpfschmierung und Einspritzung zur Standardausrüstung gehörten.

   Knapp 340 PS aus 3 Liter Hubraum bei hervorragendem Drehmoment war so ziemlich das erreichbare Maximum. In Anbetracht der immer noch weitgehend serienmäßigen Bauteile ein sehr guter Wert, aber immer noch zu wenig, um den Gewichtsvorteil der Capri wettmachen zu können.

   Die mit dem 3-Liter-6-Zylinder-BMW-Motor erzielte Literleistung von 112 PS ist in Anbetracht der großen Zylindereinheit von 500 ccm für einen 2-Ventil-Motor hervorragend. Mit dem BMW 4-Zylinder-Motor, der ja genau dieselben Hub-Bohrungsmaße besitzt, kam man trotz längerer Entwicklungszeit in der Literleistung auch nicht höher.

   Wie stark die Literleistung von der Zylindergröße abhängig ist, zeigte sich am BMW 1,6-Liter-Rennmotor, bei dem man mit gleichem technischen Aufwand auf 192 PS entsprechend einer Literleistung von 120 PS kam.

   Zu Beginn der Rennsaison 1972 trat der interessante Fall ein, daß sich zu Alpina und Schnitzer noch das BMW-Werk getellte, das seinerseits einen 3-Liter-Rennmotor entwickelt hatte und diesen Motor in einigen Exemplaren der englischen Firma Broadspeed lieferte, die im Auftrag von BMW ein Renncoupé gebaut hatte.

   Bei allen 3 Entwicklungen _ Alpina, BMW, Schnitzer – waren die wesentlichen technischen Details gleich, wenn man auch z. B. über die Lage der Einspritzpumpe ganz unterschiedliche Auffassungen hatte. Alpina rechts vorn oben, BMW hinten oben und Schnitzer links vorn unten. Hochdruckbenzineinspritzung mit Schieber und abgestimmten Einlauftrichtern – Trockensumpfschmierung – Auspuffanlagen mit gleichen Rohrlängen für die 6 Zylinder waren bei allen drei Motoren zu finden, in der Dimensionierung aber doch recht unterschiedlich.

   Während man bei Schnitzer immer auf „einfach schnell sein“ großen Wert legte und mit großem Schieberdurchmesser (43 mm) und weiten Ansaug- und Auspuffquerschnitten operierte, legte man bei Alpina mehr Wert auf gutes Durchzugsvermögen und hohe Drehmomentwerte und gestaltete daher die Kanäle beträchtlich enger (Schieberdurchmesser 40 mm). Bei den Motoren, die direkt aus München kamen, hatte man etwa den Mittelweg gewählt.

   Keiner der drei Motoren war zu dieser Zeit jedoch standfest genug, um gegen die Capri bestehen zu können. Gebrochene Kipphebel, Kurbelwellen und Pleuel häuften sich, weil man Drehzahlen bis 8000 U/min und darüber anstrebte, um die Leistung voll einsetzen zu können.

   Die Ursache für die Kurbelwellenbrüche waren Drehschwingungen, für die die lange Kurbelwelle mit ihren vielen rotierenden Massen (Schwungrad mit Kupplung – 12 gegengewichte – Schwingungsdämpfer) recht anfällig war. Die Drehbrüche der Welle traten immer an der letzten Kurbelwellenkröpfung (Schwingungsknoten) auf und nahmen ihren Anfang meist von einer starken Einkerbung einer Kurbelwange, die man zur Bearbeitung der Kurbelwelle benötigte. Für den Techniker galt es nun, alle hin- und hergehenden und rotierenden Massen zu verringern und in ein günstiges Verhältnis zu setzen. Viele aufwendige Versuche am Motorprüfstand mit einem speziellen Dreh-Schwingungsmeßverfahren gaben Aufschluß über Erfolg oder Mißerfolg der getroffenen Maßnahmen und gestatteten es außerdem, den Schwingungsdämpfer – jenes große, runde Teil, das vorn an der Kurbelwelle sitzt und mit dieser rotiert – richtig auszulegen.

   Richtig auszulegen heißt hier, die Massen der beiden Stahlscheiben und die Härte des sie verbindenden Gummis so zu wählen, daß sie die gefährlichen Schwingungsausschläge abbauen. Nur eine der beiden Stahlscheiben des Dämpfers ist mit der Kurbelwelle fest verschraubt, während sich die zweite Scheibe zur ersten nur durch Deformation des Gummis verdrehen kann. Die Motorschäden durch einen nicht richtig ausgelegten Drehschwingungsdämpfer zeigen sich wie folgt: Durch übermäßig starke Verdrehung der beiden Stahlscheiben gegeneinander (etwa ±½°) wird bei hohen Drehzahlen entweder das Gummi so stark erhitzt, daß sich die beiden Stahlringe voneinander lösen, oder der komplette Dämpfer sucht nach Bruch der Kurbelwellenbefestigung sein Heil in der Flucht, wobei er nicht nur im Motorprüfstandsraum, sondern auch im Fahrzeug beträchtlichen Schaden anrichten kann.

   Streng genommen muß bei jeder Änderung am Kurbeltrieb, dem Schwungrad oder der Kupplung der Schwingungsdämpfer neu ausgelegt werden. Das bestätigte sich auch, als Mitte 1973 durch nachträgliche Homologation der Einbau einer Kurbelwelle mit 84 mm Hub (bisher 80 mm) freigegeben wurde, und Probleme mit Drehschwingungen erneut auftraten.

   Vor allem das zu hohe Fahrzeuggewicht, aber auch die eben geschilderten Probleme führten dazu, daß die Ford Capri auch 1972 die Europameisterschaft gewannen. Den einzigen wichtigen Sieg holte sich ein Coupé von Schnitzer mit den Fahrern Stommelen/Heyer/Fitzpatrick beim 6-Stunden-Rennen auf dem Nürburgring.

 

Eine geschickte Homologation brachte die erhofften Erfolge

Doch der berühmte Silberstreifen am Horizont kündigte sich mit der Gründung einer eigenen Sportabteilung bei BMW in München und der damit verbundenen Serienfertigung einer um 220 kg leichteren Coupé-Variante, dem sogenannten Leichtbaucoupé, an. Eigene Sportinteressen ließen hoffen, daß notwendige Homologationen mit Eile vorangetrieben würden. Man war klug genug zu erkennen, daß man mit 3 Lier Hubraum auch mit einem um 220 kg leichteren Auto nicht erfolgreich gegen die Capri ankämpfen kann und legte das Auto mit 3003 ccm auf. Diese Maßnahme gestattete es, die Möglichkeiten, die noch im Zylinderblock und Kopf steckten, durch Hübraumvergrößerung auf zunächst 3,31 und später auf 3,51 weiter auszuschöpfen.

   Um die Zylinderbohrung um 5 mm auf 94 mm zu vergrößern und damit 3,3 Liter Hubraum zu erhalten, waren Blockänderungen im Bereich der Zylinderlaufbahnen notwendig. Wenn man auch in Anbetracht der vergrößerten Zylindereinheit nicht erwarten durfte, 370 PS (entsprechend der Literleistung des bisherigen Motors) zu erreichen, war man für den Großkampf BMW-Ford nun doch wesentlich besser gerüstet. Die angestrebten 370 PS konnten dann erst Mitte 1973 mit der 84-mm-Hub-Kurbelwelle realisiert werden. Die Literleistung betrug allerdings nur mehr 106 PS. Interessant ist dabei noch, da225 diese langhubige Kurbelwelle schon Anfang der Saison im Schnitzer-Coupé vermutet wurde. Da das Reglement eine Hubraumvergrößerung nur durch Aufbohren ermöglicht, wäre das ein klarer Verstoß gegen die Sportgesetze gewesen. BMW-Rennleiter Neerpasch ordnete deshalb eine BMW-interne Überprüfung an, der sich Schnitzer aber geschickt entzog.

 

Die Rennventile waren nicht viel größer als im Serienmotor

Während die Motoren von Alpina 1973 sehr zuverlässig waren (man verzeichnete während der gesamten Saison keinen einzigen Ausfall), verblüfften die Schnitzer Coupés vereinzelt mit schnellen Rundenzeiten, hatten jedoch insgesamt gesehen ein sehr schlechtes Jahr.

   Die wiedererstarkten Werks-Autos kämpften mit Anfangsschwierigkeiten, gewannen dann aber Mitte der Saison 4 Europameisterschaftsläufe hintereinander. Der vereinte BMW-Durchmarsch zum Sieg in der Europameisterschaft 1973 war eindrucksvoll, die Motoren ausreichend kräftig und zuverlässig. Bei Alpina arbeitete man weiter mit serienmäßig bearbeiteten Zylinderköpfen, Ventilführungen und Sitzringe behielten ihre Größe und Lage und wurden für die weitere Bearbeitung nicht einmal ausgepreßt. Daher waren die Ventile für die großen Zylindereinheiten auch relativ klein. Mit 47 mm Ø für das Einlaßventil und 39 mm Ø für das Auslaßventil waren sie in jedem BMW-3-Lier-Straßenmotor. Der Erfolg dieser Maßnahme: hervorragende Drehmomentwerte bis zu 40 mkg und ein sehr breites nutzbares Drehzahlband bei nur geringen Verlusten an Spitzenleistung. Die Werksmotoren verfügten über beträchtlich größere Ventile (50 und 42 mm Ø), die man nur dadurch unterbringen konnte, indem man Ventilführung samt –sitzen um 2 mm weiter nach außen versetzte. Für die Motoren wurden die Pleuellängen 148 und 146 mm homologiert, so daß man mit einem Kolben und der entsprechenden Kurbelwelle (80 oder 84 mm) sowohl 3,3-Liter- als 3,5-Liter-Motoren bauen konnte. Bei der Auslegung von Pleuel und Kolben bemühte man sich um leichte Konstruktionen, da man den Einfluß dieser Teile auf das Drehschwingungsverhalten bereits kannte. So entstanden u.a. 148 mm lange Stahlpleuel mit sehr hoher Festigkeit (140 Kp/mm²), die mit knapp über 500 p kaum schwerer waren als gleichlange Titanpleuel.

   Die Entwicklung des BMW 3,5 Liter 6-Zylinder-2-Ventil-Motors wurde jäh unterbrochen, als Mitte 1973 die Homologation eines neuen Zylinderkopfes mit 4 Ventilen pro Zylinder erfolgte. Erstmalig mußte sich der Motor – ausgenommen der Motorblock – eine gründliche Überarbeitung gefallen lassen, um für die höheren Drehzahlen und für die höhere Belastung gewappnet zu sein. Von diesem Umsturz, den jedoch auch die Firma Ford mitmachte, konnte man sich freilich beträchtlich mehr Leistung erhoffen als vom 2-Ventilmotor – er führte jedoch infolge des großen Aufwandes zwangsläufig zu einer gewaltigen Kostensteigerung. Konnte man 1973 und 1974 einen 3,5-Lier-Rennmotor mit 370 PS für 28 000 DM erstehen, kostet heute ein 3,5-Lier-Vierventilrennmotor mit 425 PS etwa 45 000 Mark. Diese neue Entwicklung wurde ausschließlich im Werk München durchgeführt, da man bei Alpina und Schnitzer die hohen Kosten scheute.

   Um zumindest Kosten beim Einbau des neuen Motors in die Renncoupés zu sparen, wurde die Einbaulage gegenüber den 2-Ventilmotoren nicht geändert. Auch die Ansaug- und Auspuffseite blieben gleich, so daß es keine große Schwierigkeiten bereitet, ein ursprünglich für einen 2-Ventilmotor gebautes Renncoupé nachträglich mit einem 4-Ventilmotor auszustatten. Rechts neben dem Motor ist es zweckmäßig, etwas mehr Platz zu schaffen, um die Auspuffanlage, die im Prinzip gleich ist wie bei den 2-Ventilmotoren, jedoch noch größere Rohrdurchmesser aufweist, unterzubringen.

   Die umfangreichen motoränderungen beginnen schon bei der aus Magnesium gegossenen Ölwanne, die nicht wie die bisherige Ölwanne großflächig ist, sondern eine ausgeprägte Ölrinne aufweist, aus der das Öl an 2 Stellen abgesaugt wird. Die Absaugstellen wurden so gelegt, daß das Öl immer möglichst schnell aus der Wanne abgesaugt wird, um die Restölmenge im Motor klein zu halten. Die im Motor verbleibene Ölmenge hat sowohl bei stationärem als auch bei instationärem Betrieb einen nicht unerheblichen Einfluß auf die Motorleistung. Befindet sich nämlich zu viel Öl in der Wanne, wird die freie Bewegung von Kurbelwelle, Pleuel und Kolben gehemmt, das Öl dabei stark aufgeheizt und mit Luft durchsetzt. Zunächst unerklärlich hohe Öltemperaturen, schlechte Motorleistung und Schäden an Lagern und Gleitbahnen können Folgen schlecht funktionierender Ölwannen sein.

   Um Brüchen vorzubeugen, fertigte man die Kurbelwelle aus hochlegiertem Stahl und verbreiterte die pleuellager gleichzeitig von 24 auf 28 mm. Weiter verkleinerte Gegengewichte sowie stärkere Befestigungsflansche für das Schwungrad und den Schwingungsdämpfer sollten helfen, Drehschwingungsschäden zu vermeiden. Da der Vierventilmotor seinen Leistungsvorteil gegenüber dem 2-Ventilmotor erst bei höheren Drehzahlen ausspielen kann, mußte die Drehzahlgrenze um 1000 U/min angehoben werden, und das war auch der Grund für weitere Motorschäden. Erst die Auslegung des Drehschwingungsdämpfer als sogenannter Doppeldämpfer (bisher Einfachdämpfer) löste das Problem und erlaubt nun Drehzahlen bis 9000 U/min. Beim neuen Schwungrad wurde rotierende Masse dadurch eingespart, daß die Zähne für den Anlasser direkt auf die Stahlscheibe geschnitten wurden und nicht wie bisher üblich auf einen separat aufgezogenen Ring.

   Das Herz des Motors, der Zylinderkopf, ist eine konsequente Nach- und Weiterbildung des BMW-Formel-2-Kopfes. Die Ventile wurden bahezu proportional zur erweiterten Bohrung vergrößert; die Durchmesser sind nun 37 mm für das Einlaß- und 32,5 für das Auslaßventil. Daß je 2 nebeneinander liegende parallele Ventile von einem Kanal beaufschlagt werden, ist fast so selbstverständlich wie der heute übliche Ventilwinkel von 40°.

 

Der Antrieb der beiden Nockenwellen stark vereinfacht

Dabei ist zwischen Brennraumform, Kolbenboden und Ventilgröße ein guter leistungsfördernder Kompromiß gegeben. Unüblich ist die weitere Gestaltung der Einlaßseite. Der für die Steuerung des Motors vernatwortliche und auf Rollen gelagerte Schieber hat nur Öffnungen mit 45 mm Ø und ist damit für einen Motor dieser Größenordnung wohl etwas zu klein geraten. Leider konnten auch die 6 Einlaßkanäle nicht gerade leistungsfördernd ausgebildet werden, da man sie wegen der Platzverhältnisse (flache Motorhaube) stark umlenken mußte. Die Betätigung der 24 Ventile übernehmen 2 Nockenwellen, die in derselben Ebene wie die Ein- bzw. Auslaßventile liegen. Doppelte Ventilfedern sorgen für einwandfreies Schließen der Ventile und biten auch noch einen gewissen Ausfallschutz beim Bruch einer der beiden Federn.

   Großen Aufwand hat man auch bei der Verbindung Zylinderkopf – Motorblock nicht gescheut. Die eigentliche Brennraumabdichtung übernehmen 6 Zackenringe, die mit ihrer stumpfen Seite in einen kleinen Zylindereinstich gelegt werden, während ihre spitze Seite nach oben zeigt und sich beim Anziehen der 14 Titan-Zylinderkopfschrauben in den Aluminiumzylinderkopf einschneiden. Die Zylinderkopfdichtung braucht dann nur mehr dafür zu sorgen, daß nicht Wasser und Öl seitlich austreten oder sich miteinander vermengen.

   Abweichend vom Formel-2-Motor erfolgt der Antrieb der beiden Nockenwellen. Die sehr aufwendige, reine Stirnradsteuerung des Formelmotors mußte einer einfachen Kombination Steuerkette – Stirnräder weichen. Dabei wird von der Kurbelwelle mittels Kette zunächst ein knapp unterhalb der beiden Nockenwellen ligendes Rad angetrieben. Ein auf derselben Welle knapp dahinter liegendes Stirnrad treibt dann direkt beide Nockenwellen an. Diese Bauart ist einfach, platzsparend und genügend exakt. Selbstverständlich mußten auch alle Nebenaggregate, beziehungsweise deren Antrieb, neu ausgelegt werden.

 

500 PS dürften trotz 4-Ventil-Aufwand ein Traum bleiben

Wasserpumpe, Zündverteiler, Einspritzpumpen und Drehzahlmesserantrieb sind nun alle links vorn plaziert und teilweise zu einer Antriebseinheit zusammengefaßt.

  Die Leistungssteigerung, die mit der Einführung des 4-Zylinderkopfes erfolgte, so zeigte sich im Rennbetrieb, erlaubte eine Verbesserung der Rundenzeiten um ca. 2%. Trotzdem wurde (übrigens genau wie bei Ford) die angestrebte Leistung von 460 PS bis jetzt weit verfehlt. 460 PS würden etwa der 25% Leistungssteigerung entsprechen, die man beim 4-Zylinder-2-Liter-Motoren erreichte, als man von 2 auf 4 Ventile proZylinder überging. Es bestätigte sich wieder, daß man bei vergrößerte Zylindereinheit Abstriche in der Literleistung hinnehmen muß, und außerdem auch beim Übergang von 2 auf 4 Ventile nicht mit der gleichen prozentualen Leistungszunahme rechnen darf wie bei der kleineren Zylindereinheit. Der jetzige Rennmotor steht zwar erst am Anfang seiner Entwicklung, aber 490 PS entsprechend der Literleistung des die Formel 2 beherrschenden BMW 2-Liter 4-Ventil-Triebwerkes wird man unter vergleichbaren Konditionen wohl nie erreichen. Wie steif und solide der Motorblock ist, zeigte sich erneut bei Erleichterungsarbeiten. Mit vielen Werkzeugmachinenstunden kann man den Block ohne jedes Risiko um ca. 10 kg erleichtern, um so das Leistungsgewicht des Motors und die Gewichtsverteilung im gesamten Fahrzeug auf optimale Weise zu verbessern. Insbesonders die Entwicklung des BMW 2-Ventil-6-Zylinder-Rennmotors stellt eine Ausnahmeerscheinung dar, weil es möglich war, diese Entwicklung unter Beibehaltung wesentlicher Serienbauteile voranzutreiben. Bei all diesen Überlegungen darf jedoch nicht übersehen werden, daß über Erfolg oder Mißerfolg eines Rennmotors nicht nur seine technischen Voraussetzungen entscheiden, sondern auch die Menschen, die mit ihm laufend konfrontiert werden, sei es der Monteur, der Rennmechaniker, der Motoringenieur oder nicht zuletzt der Fahrer, der ihn als Instrument benützt.


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