Mit sechs Zylindern beginnt die gepflegtere Form des Autofahrens, aber auch die kostspieligere. Mehr als vier Zylinder gibt es nämlich erst oberhalb der Mittelklasse. Auto motor und sport verglich vier populäre deutsche Sechszylinder: BMW 2500, Ford Granada 3000, Mercedes-Benz 230, Opel Commodore GS
Als seinerzeit Opels Mittelklasse-Erfolgsmodell Rekord auf Wunsch auch mit dem Sechszylindermotor des Kapitän zu haben war, wurde mit dem dieser Marktstudie im deutschen Automobilbau eine Entwicklung eingeleitet, die in ihrer Bedeutung ständig zunahm. Sie führte dazu, daß sich zwischen der typischen Mittelklasse und der anspruchsvollen Spitzenklasse jene Fahrzeugkategorie etablierte, die man allgemein als gehobene Mittelklasse bezeichnet.
Diese häufig nach dem Baukastenprinzip aus verschiedenen vorhandenen Komponenten des Produktionprogrammes zusammengestellten Autos zeichnen sich neben dem leistungs- wie prestigefördernden Sechszylindermotor und einer komfortbetonten Sportlichkeit durch gute Fahrleistungen und ansprechende Kompaktheit sowie eine meist reichhaltige Ausstattung aus. Durch diesen Aufwand preislich zwar deutlich über der normalen Mittelklasse liegend, wahren sie gegenüber den Spitzenklasseautos doch noch einigen Abstand – im Preis ebenso wie mit ihrem eher sportlich-frischen als seriös-behäbigen Charakter.
Es hat sich gezeigt, daß gerade auf unserem Markt für so konzipierte Autos, die auf unaufdringliche Art gepflegtes Fahren vermitteln, gute Chancen bestehen. Auto motor und sport prüfte das Angebot in dieser Klasse und verglich vier Vertreter der deutschen Produktion miteinander. Zwei der vier Testwagen – die erst seit relativ kurzer Zeit auf dem Markt befindlichen Ford Granada und Opel Commodore – sind konsequent nach diesem Prinzip gebaut: Beide Karosserien, die hier mit 138 bzw. 130 PS starken Sechszylindern bestückt sind, sind echte Großserienprodukte, die in den stückzahlintensiven unteren Stufen von 1,7 Liter-Vierzylindermotoren bescheidenen 75 bzw. 66 PS angetrieben werden. Auch die ‚kleine’ Mercedes-Karosse wird bekanntlich mit Vier- und Sechzylindermotoren ausgestattet, doch ist hier – wenn man die Diesel-Typen einmal ausklammert – das Verhältnis nahezu ausgeglichen, wobei der Sechszylinderanteil durch die neuen 2,8 Liter-Zweinockenwellen-Triebwerke künftig noch verstärkt werden dürfte. Anders liegen die Dinge beim BMW: Hier beansprucht der 150 PS-Sechszylinder eine eigene Karosserie, die zweifellos dem Prestigewert dienlich ist, aber auch den Preis für dieses Auto kräftig ansteigen läßt. Der BMW-Preis entfernt sich selbst für die einfachste Ausführung vom Klassendurchschnitt, doch als wichtige deutsche Sechszylinder-Limousine konnte der BMW bei diesem Vergleichstest natürlich nicht fehlen. Mit 30 PS gibt es zwischen dem Mercedes und dem BMW auch in der Motorleistung spürbare Unterschiede, dagegen besteht mit der bei allen Prüflingen angewandten Bauweise – Motor vorn, Antrieb hinten – im technischen Grundkonzept Einheitlichkeit. Bei den Motoren, die im Hubraum immerhin von 2,3 bis 3 Liter reichen, sind in drei Fällen die Zylinder in Reihe angeordnet, wobei die Ventile von je einer obenliegenden Nockenwelle betätigt werden. Beim Ford-Motor stehen dagegen die sechs Zylinder V-förmig und die Ventilsteuerung erfolgt über Stößelstangen.
BMW 2500
Sechszylinder-Reihenmotor, wassergekühlt, eine obenliegende Nockenwelle, 2478
cm³, 150 PS @ 6000/min, 215 Nm @ 3700/min, Frontmotor mit Hinterradantrieb, DM
19 066.
Ford Granada 3000 GXL
Sechszylinder V-Motor, wassergekühlt, eine zentrale Nockenwelle, 2993 cm³, 138
PS @ 5000/min, 240 Nm @ 3000/min, Frontmotor mit Hinterradantrieb, DM 15 713.
Mercedes 230
Sechszylinder-Reihenmotor, wassergekühlt, eine obenliegende Nockenwelle, 2292
cm³, 120 PS @ 5400/min, 182 Nm @ 3600/min, Frontmotor mit Hinterradantrieb, DM
16 686.
Opel Commodore GS
Sechszylinder-Reihenmotor, wassergekühlt, eine obenliegende Nockenwelle, 2490
cm³, 130 PS @ 5300/min, 190 Nm @ 4000/min, Frontmotor mit Hinterradantrieb, DM
15 033.
Obwohl zwei der Testwagen – BMW und Mercedes – bereits vor etwa vier Jahren ihr Debüt hatten, wirkt ihre Karosserieform durchaus zeitgemäß. In beiden Fällen zeigt sich, daß eine sachliche Zweckform besser die Jahre überdauert als ein vordergründig auf Wirkung angelegtes Styling. Allerdings muß die durch fehlendes Raffinement erkaufte Zeitlosigkeit in der Regel mit einer gewissen Langweiligkeit der Linienführung bezahlt werden – eine Feststellung, der sich der Mercedes 230 nicht ganz entziehen kann. Zwei völlig verschiedene Wege sind die Formgestalter von Opel und Ford bei ihren jüngsten Schöpfungen gegangen: Während man bei Opel einer sportlich-sachlichen Form den Vorrang gab, setzte man bei Ford auf die Devise „Viel Auto fürs Geld“, um damit Käufer ins eigene Lager zu locken. Wie ein Straßenkreuzer wirkt der Ford neben dem beinahe zierlich anmutenden Commodore, dessen tief angesetzte Gürtellinie sich nicht nur formal, sondern im Raumgefühl und in den Sichtverhältnissen angenehm auswirkt.
Viel konstruktiver und materieller Aufwand war bei den Sitzen festzustellen: In Formgebung, Polsterhärte und Verstellbarkeit blieben praktisch keine Wünsche offen, so daß in diesen Autos auch unterschiedlich groß gewachsene Menschen selbst über lange Strecken bequem und ermüdungsfrei sitzen können. Abstriche gibt es nur beim Mercedes für die im Testwagen verwendeten Kunststoffbezüge und beim Ford für die unpraktische Lehnenverstellung mittels Hebel.
Nicht so zufrieden wie mit den Sitzen selbst war das Testteam mit den Sitzpositionen. Zwar gab es beim Mercedes und beim Commodore in dieser Hinsicht keinerlei Beanstandungen, aber beim Granada sitzt man so tief, daß sich selbst große Fahrer nur mühsam die nötige Übersicht verschaffen können. Verstärkt wird dieser besonders beim Rangieren nachteilige Umstand durch die gewölbte Motorhaube und das sehr hoch angeordnete Armaturenbrett – klein gewachsene Leute haben hier echte Schwierigkeiten. Gerade umgekehrt und zunächst etwas gewöhnungsbedürftig ist es im BMW, bei dem man deutlich höher als in den übrigen Wagen sitzt. Von Nachteil kann diese hohe Sitzposition indes höchstens für sehr große Menschen werden, wenn die Kopffreiheit nicht ausreicht. Ansonsten genießt man im BMW durch die thronartige Position beste Sichtverhältnisse nach allen Seiten.
Im Innenraum bieten Ford und Mercedes in der Breite Spitzenwerte, auch im Fond geht es bei ihnen angenehm großzügig zu. Für die Klasse nicht eben üppig sind die Innenmaße des BMW ausgelegt, und im Opel haben es nur die vorne Sitzenden wirklich bequem – hinten müssen Abstriche gemacht werden.
In puncto Kofferraum-Volumen (440 Liter nach auto motor und sport-Norm) und Zuladung (455 kg) setzt der Mercedes derart hoge Maßstäbe, daß den Konkurrenten in diesen Disziplinen Punktabzüge nicht erspart werden können, obwohl natürlich in der Praxis auch bei ihnen die Werte noch ausreichend sind. Das ausgezeichnete Verhältnis von Innenraum plus Kofferraum zu den Außen maßen bringt dem Mercedes für die Kompaktheit ebenfalls die beste Note ein. Auch der relativ kurze Ford schneidet hier gut ab – überraschend, da er optisch keineswegs kompakter als der BMW oder der Opel wirkt.
Große Türöffnungen und hochliegende Dachkanten machen das Einsteigen im Mercedes selbst ungelenken Leuten bequem, während es sich im sportlich niedrigen Opel – speziell durch die relativ schmale hintere Tür – nicht ganz so problemlos vollzieht. Gute Einstiegsverhältnisse vorn und hinten bieten auch der BMW und der Granada.
Das Wohlbefinden der Passagiere, soweit es von der Temperierung des Innenraums abhängt, lassen sich die Automobilhersteller in der oberen Mittelklasse etwas kosten: In allen Testwagen sind großzügig dimensionierte Frischluftheizungen installiert, die nach dem Wärmetauscher-Prinzip arbeiten und auch bei niedrigen Außentemperaturen für voll ausreichende Kaloriezufuhr sorgen. Die Temperaturwählhebel und die Gebläseschalter sind bei allen Wagen griffgünstig am Armaturenbrett untergebracht, ebenso die diversen Hebel für Frischluftzufuhr und Luftverteilung. Beim Mercedes und beim Opel lassen sich besonders große Luftmengen durchsetzen, was bei höheren Fahrgeschwindigkeiten im Commodore allerdings mit einiger Geräuschentwicklung verbunden ist. Als einziger Testwagen hat der Mercedes drehbare Ausstellfenster, mit deren Hilfe sich im Bedarfsfall die belüftung ncoh weiter intensivieren läßt. Nicht ganz so wirkungsvoll funktioniert die Frischluftversorgung im BMW und im Ford. Bei hoher Luftfeuchtigkeit beschlugen zudem im BMW wiederholt die Fensterflächen.
Der Wagen- und Preisklasse angemessen warten die Testkandidaten mit einer nahezu kompletten Auststattung auf – zumindest, was die nicht allzu kostenintensiven Details betrifft. Bei den kostspieligeren Extras hingegen können sich auch hier – bis auf Ford – die Hersteller noch nicht ganz von der Aufpreis-Politik lösen: So müssen außer beim Granada, der in der GXL-Ausführung serienmäßig mit einer Servo-Lenkung ausgerüstet ist, bei den drei anderen Autos für diese Bedienungserleichterung deftige Aufpreise bezahlt werden, obwohl sie praktisch unerläßlich ist und deshalb in die Standardausrüstung gehört. Ähnlich ist es mit Windschutzscheiben aus Verbundglas, die nur beim Mercedes und beim Ford in der Grundausrüstung enthalten sind. Überhaupt präsentiert sich der Ford Granada GXL als echtes Ausstattungsvorbild, sind doch bei ihm sogar die Getriebeautomatik, das Stahlschiebedach und ein Radio serienmäßig eingebaut.
Grundsätzliche Mängel in der Verarbeitungsqualität waren bei den vier Testwagen nicht zu registreren: Als moderne Großserienprodukte sind sie während eines weitgehend automatisierten Fertigungsprozesses vielfältigen Kontrollen unterworfen, die hinreichend Gewähr für gleichbleibende Fertigungsqualität und Schutz gegen vorzeitige Störungen im Fahrbetrieb bieten. Aber Qualität wird bekanntlich nicht nur produziert, sondern wird schon am Reißbrett in ein Produkt hineinkonstruiert. Das wird selten so deutlich wie an der Mercedes-Karosserie: Weder gab es irgendwelche Geräusche oder Störungen, noch konnte an irgendeinem Detail eine Unsauberkeit entdeckt werden. Das häufig zitierte, mit geringstem Kraftaufwand zu bewerkstelligende satte Türenschließen, von dem man weiß, daß es sich auch nach vielen Jahren nicht verliert, beeindruckte auch hier wieder. Ein so hohes Qualitäts-Niveau erreichen die Konkurrenten bei objektiver Betrachtung nun einmal nicht, sie müssen sich deshalb mit etwas schlechteren Noten zufriedengeben. Zwar merkt man dem vergleichsweise leichtgewichtigen Opel eine routinierte Machart an, doch fehlt es am letzten Schliff: Schwergängige Fensterkurbeln, gelegentliches Klappern im Armaturenbrettbereich oder Vibrieren der Motorhaube sind zum Beispiel Schönheitsfehler, die nur im direkten Vergleich auffallen. Mit dergleichen haben noch vermehrt der BMW und der Ford zu kämpfen.
Aufgrund einer Reihe hervorragender Merkmale kann der Mercedes trotz seiner nicht mehr ganz taufrischen Form diese erste Beurteilungsrunde klar für sich entscheiden und damit eine günstige Ausgangsposition für die kommenden Wertungen beziehen.
AUSSTATTUNG |
BMW |
Ford |
Mercedes- |
Opel |
Grundpreis DM (1) |
19
066 |
15
713 (2) |
16
686 |
15
033 |
Startautomatik |
● |
● |
● |
● |
Drehstromlichtmaschine |
● |
● |
● |
● |
Sperdifferential |
453 |
- |
- |
- |
Scheibenbremsen vorn |
● |
● |
● |
● |
Scheibenbremsen
hinten |
● |
- |
● |
- |
Bremskraftverstärker |
● |
● |
● |
● |
Zweikreisbremse |
● |
● |
● |
● |
Automatisches
Getriebe |
1500 |
742 |
1443 |
1130 |
Stahlkurbeldach |
645 |
●
(3) |
633 |
495
(3) |
Verbundglasfrontscheibe |
135 |
● |
● |
141 |
Wärmeschutzglas
rundum |
340 |
● |
194 |
393 |
Niveauregulerung |
- |
|
588 |
- |
Motorhaubenselbst-arretierung |
● |
- |
● |
- |
Liegesitze |
● |
● |
● |
● |
Kunstleder-Dachbezug |
- |
● |
- |
233 |
Mittelarmlehne vorn |
- |
● |
- |
- |
Armlehnen hinten
seitlich |
● |
● |
● |
● |
Mittelarmlehne
hinten |
● |
● |
● |
● |
Beifahrerhaltegriff |
● |
● |
● |
● |
Haltegriffe hinten |
● |
● |
● |
● |
Ablagemöglichkeit vorn (außer Handshuhkasten) |
● |
● |
● |
● |
Kartentaschen |
● |
● |
● |
● |
Abblendbarer
Innenspiegel |
● |
● |
● |
● |
Heizgebläzestufen |
3 |
stufenlos |
3 |
2 |
Ausstellfenster vorn |
- |
- |
● |
- |
Scheibenwischergeschwindigkeiten |
3
(4) |
2 |
3
(4) |
2 |
Regelbare Instrumentenbeleuchtung |
● |
● |
● |
● |
Elektrische Zeituhr |
● |
● |
● |
● |
Tageskilometerzähler |
● |
● |
● |
● |
Drehzahlmesser |
● |
● |
- |
● |
Zigarettenanzünder |
● |
● |
● |
● |
Handbremskontrollicht |
● |
● |
● |
● |
Klimaanlage |
2490
(5) |
- |
2203 |
- |
Parkleuchten |
● |
● |
● |
● |
Kofferraumbeleuchtung |
● |
● |
● |
● |
Rückfahrscheinwerfer |
● |
● |
● |
● |
Heizbare Heckscheibe |
● |
● |
150 |
149 |
Halogen-Fernlicht |
● |
- |
|
● |
Halogen-Abblendlicht |
● |
- |
● |
|
Nebelscheinwerfer |
167 |
● |
● |
275
(6) |
Wischer- und Wascher-Kombination |
● |
● |
● |
● |
Kopfstützen |
106 |
- |
67 |
108 |
Radio (7) |
548 |
● |
566
(8) |
450 |
Sicherheitsgurte (vorn) |
148 |
94 |
78 |
● |
Metallic-Lackierung |
590 |
● |
- |
135 |
● vorhanden - nicht vorhanden (1) einschließlich Gürtelreifen und Servolenkung (2) mit mechanischem Getriebe (3) mit Belüftungsstellung (4) mit Intervalschaltung (5) mit Wärmeschutzglas rundum (6) einschließlich Nebelschlußleuchte (7) Blaupunkt ‘Frankfurt’ (8) Becker ‘Europa’ |
Karosserie |
BMW |
Ford |
Mercedes |
Opel |
Form |
8 |
7 |
8 |
9 |
Sitze,
Sitzposition |
9 |
8 |
9 |
9 |
Innenraumgröße |
8 |
9 |
9 |
7 |
Kofferraumgröße |
9 |
9 |
10 |
7 |
Zuladung |
8 |
8 |
10 |
8 |
Kompaktheit |
8 |
9 |
10 |
8 |
Einstieg |
9 |
9 |
10 |
8 |
Sicht |
10 |
7 |
10 |
9 |
Heizung |
9 |
9 |
9 |
9 |
Lüftung |
8 |
8 |
10 |
10 |
Serienausstattung |
8 |
10 |
8 |
8 |
Verarbeitung,
Qualität |
7 |
7 |
10 |
8 |
|
101 |
100 |
113 |
100 |
2. WERTUNG: MOTOR, LEISTUNG
Die drei Vertreter der Reihenmotor-Bauweise
gleichen sich auf den ersten Blick ziemlich stark: 2,3 Liter Hubraum beim
Mercedes 230, 2,5 Liter bei BMW und Opel, und eine kettenangetriebene,
obenliegende Nockenwelle. Für die Gemischaufbereitung bemüht jedes dieser
respektablen Sechszylinder-Aggregate zwei Fallstrom-Registervergaser. Auf den
zweiten Blick werden freilich Unterschiede offenkundig, die sich nicht
unerheblich auf die Leistungscharakteristik und das Laufverhalten der Motoren
auswirken: So hat das BMW-Triebwerk mit V-förmig im Leichtmetall-Zylinderkopf
angeordneten Ventilen und einer siebenfach gelagerten und mit zwölf
Gegengewichten versehenen Kurbelwelle beste konstruktive Voraussetzungen für
hohe Leistung und gute Laufruhe. Leichtmetall-Kipphebel sorgen darüber hinaus für
einen leichten, drehfreudigen Ventiltrieb. Auch beim Commodore GS-Motor bieten
sieben Hauptlager eine solide Basis, doch ist der Graugußkopf mit den Öffnungen
für Einlaß und Auslaß auf einer Motorseite nicht so atmungsaktiv wie der des
BMW, und die schwereren hydraulischen Stößel zwischen Nockenwelle und
Blechkipphebeln setzen spontanen Drehzahländerungen höheren Widerstand
entgegen. Nicht mehr ganz auf der Höhe der Zeit ist die Motor-Konstruktion des
Mercedes 230: Während alle anderen Sechszylinder aus Untertürkheim mit sieben
Kurbelwellenlagern operieren, muß sich der 2,3 Liter mit nur vier Lagern begnügen.
Zweifellos ist hierin – zusammen mit der geringeren Anzahl von Gegengewichten
– der Grund für die etwas rauhere Gangart dieses hubraumkleinsten
Mercedes-Sechszylinders zu suchen.
Nach einem völlig anderen Konzept ist der
Dreiliter Ford-Motor gebaut: Der kurz und gedrungen wirkende, weitgehend aus
Grauguß gefertigte V6 betätigt die in den Heron-Zylinderköpfen (Brennräume
in den Kolben) hängenden Ventile über Stößelstangen und erinnert nicht
zuletzt mit dem dadurch bedingten niedrigen Drehzahl-Niveau an amerikanische
V8-Motoren. Sicher ist der von Ford-England kommende, auf dem deutschen Markt
noch relativ unbekannte Dreilitermotor in erster Linie für den Betrieb mit
einer Automatik gedacht.
Im praktischen Fahrbetrieb zeigten sich sowohl
im Leistungs-Verhalten als auch in der Laufruhe deutlichere Unterschiede als
erwartet. Den besten Eindruck hinterließ ganz eindeutig der Bilderbuch-Motor
von BMW, der nicht nur mit hervorragenden Fahrleistungen, sondern ebenso mit
einem seidenweichen, fast vibrationsfreien Lauf bestechen konnte. Er
beschleunigte das immerhin 1405 Kilogramm wiegende Auto in 10,2 Sekunden von 0
auf 100 km/h (wobei er leicht bis 7000/min gedreht werden konnte) und verlieh
ihm eine Höchstgeschwindigkeit von beachtlichen 197,8 km/h. Auch bei der
Elastizitätsmessung nahm der BMW mit 36 Sekunden dem hubraumstärkeren Ford als
Nächstbestem eine volle Sekunde ab. Zweiter wurde in der Motorenwertung der
kultivierte Dreiliter-V6 von Ford, der seine Arbeit in gelassener Manier bei
meist niedrigen Drehzahlen verrichtete und dabei auffallend leise und
vibrationsarm wirkte. Der naturgemäß nicht besonders drehfreudige Stoßstangenmotor
geht von unten heraus sehr gut zur Sache und reagiert auf Gaspedalbewegungen
bemerkenswert schnell und willig. Mit 138 PS bei 5000/min ist er der zweitstärkste
Motor der Gruppe, er treibt den gewichtigen Granada in 11,2 Sekunden auf 100
km/h und bringt ihn auf eine Spitzengeschwindigkeit von 185,5 km/h. Nicht so
laufruhig, wie man es sonst von Opel-Motoren gewöhnt ist, gab sich das 130
PS-Triebwerk im Commodore GS. Besonders beim Ausdrehen in den Gängen stieg der
Geräuschpegel überdurchschnittlich an, wobei zusätzlich noch Getriebegeräusche
mit im Spiel waren. Auch in der Art der Leistungsentfaltung konnte der GS im
Vergleich mit früheren Commodore-Motoren nicht überzeugen: Zähes, etwas
unwilliges Antreten aus niedrigen Drehzahlen ließ auch den früher vorhandenen
‚Biß’ vermissen. Ohne Frage beruht diese veränderte Charakteristik –
ebenso wie das zugeschnürt wirkende Verhalten bei hohen Drehzahlen – auf den
Maßnahmen zur Abgasentgiftung. Am schwersten trat sich in dieser Konkurrenz der
gehandikapte Mercedes-Motor: Mit 30 PS weniger Leistung und einem um 700 cm³
kleineren Hubraum gegenüber den Gruppenbesten konnte er bei den
Fahrleistungsmessungen natürlich nicht ganz mithalten. Das zeigte sich am
deutlichsten bei der Elastizitätsprüfung, bei der er gegenüber dem BMW auf
einem Kilometer glatte vier Sekunden einbüßte. Dieser Schwachpunkt und der bei
höheren Drehzahlen einsetzende, für einen Reihen-Sechszylinder zu rauhe Lauf
zeigen deutlich die Grenzen dieses in die Jahre gekommenen Motors.
Für diesen Vergleichstest waren alle Wagen
mit Schaltgetrieben ausgerüstet – auch der Ford, der ja normalerweise in der
getesteten GXL-Ausführung mit einer Automatik geliefert wird. Die Anpassung der
Gangstufen an die Motor-Charakteristik schien beim BMW am besten geglückt, und
auch beim Granada waren die Anschlüsse sehr gut, wenngleich durch die lange
Hinteraschübersetzung die Sprünge zwischen den einzelnen Gängen relativ groß
sind. Beim Commodore GS und beim Mercedes ist der Sprung zwischen zweitem und
drittem Gang etwas zu groß ausgefallen, was sich speziel beim unelastischen
Mercedes-Motor in bestimmten Fahrzuständen störend bemerkbar macht.
Daß die leistungsstärkeren Motoren oft genug
auch die sparsamsten sind, haben vor diesem schon andere Vergleichstests gezeigt.
Der in jeder Hinsicht vorbildliche BMW-Motor war auch bei den
Verbrauchsmessungen seinen Mitbewerbern überlegen und lag mit einem
Gesamt-Testverbrauch von 15 Liter/100 km immerhin um 1,2 Liter unter dem
Commodore als Zweitbestem, der allerdings auch 125 kg weniger wiegt. Der Ford
als hubraumgrößtes und schwerstes Auto kam mit 17,1 Liter/100 km auf den höchsten
Wert, wobei ganz allgemein zu sagen ist, daß man in dieser Gewichtsklasse bei
den gebotenen Fahrleistungen natürlich keine Verbrauchswunder erwarten kann. So
klar der Mercedes die Karosserie-Wertung für sich entscheiden konnte, so klar
gewinnt der hervorragend motorisierte BMW diese zweite Wertung. Mit deutlichem
Abstand verweist er den Ford, den Opel und den Mercedes auf die Plätze.
Beschleunigung |
BMW |
Ford |
Mercedes- |
Opel |
0
– 60 km/h |
4,4 |
4,7 |
5,7 |
5,2 |
0
– 80 km/h |
6,9 |
7,6 |
9,0 |
8,2 |
0
– 100 km/h |
10,2 |
11,2 |
13,3 |
12,3 |
0
– 120 km/h |
14,8 |
16,1 |
19,3 |
17,8 |
0
– 140 km/h |
20,6 |
22,8 |
28,6 |
25,7 |
0
– 160 km/h |
29,8 |
36,2 |
- |
- |
0
– 1 km |
31,7 |
32,8 |
34,8 |
33,9 |
Spitze
(km/h) |
197,8 |
185,5 |
176,4 |
181,8 |
Elastizität im IV.
Gang |
||||
40
– 60 km/h |
5,7 |
6,0 |
7,4 |
6,2 |
40
– 80 km/h |
11,5 |
12,2 |
14,6 |
13,3 |
40
– 100 km/h |
17,3 |
18,5 |
22,7 |
20,4 |
40
– 120 km/h |
23,8 |
25,4 |
31,7 |
28,4 |
40
– 140 km/h |
31,3 |
33,6 |
43,3 |
38,6 |
1
km vanaf 40 km/h |
36,0 |
37,0 |
40,0 |
38,4 |
Gewichte |
||||
Eigengewicht
vollgetankt (kg) |
1405 |
1435 |
1420 |
1280 |
Zulässiges
Gesamtgewicht (kg) |
1775 |
1800 |
1875 |
1660 |
Zuladung
(kg) |
370 |
365 |
455 |
380 |
Gewichtsverteilung |
|
|
|
|
Vorderasche
(%) |
54,8 |
54,4 |
53,2 |
53,9 |
Hinterasche
(%) |
45,2 |
45,6 |
46,8 |
46,1 |
Zulässige
Anhängelast |
|
|
|
|
Gebremst
(kg) |
1300 |
1500 |
1200 |
1050 |
Ungebremst
(kg) |
650 |
680 |
715 |
625 |
Leistungsgewicht |
|
|
|
|
Vollgetankt
(kg/pk) |
9,4 |
10,4 |
11,8 |
9,8 |
Mit
340 kg (4 Personen mit Gepäck) (kg/pk) |
11,6 |
12,6 |
14,7 |
12,5 |
Innengeräusch |
BMW |
Ford |
Mercedes- |
Opel |
Leerlauf
im Stand |
51 |
50 |
51 |
52 |
Bei 50 km/h |
62 |
61 |
62 |
65 |
Bei 80 km/h |
69 |
67 |
67 |
72 |
Bei
100 km/h |
71 |
70 |
71 |
75 |
Bei
120 km/h |
74 |
75 |
74 |
78 |
Bei
140 km/h |
76 |
77 |
78 |
83 |
Bei
160 km/h |
79 |
80 |
81 |
85 |
Bei
180 km/h |
81 |
82 |
- |
87 |
Abmessungen (mm) |
||||
Radstand |
2692 |
2769 |
2750 |
2668 |
Spur
vorn |
1446 |
1511 |
1450 |
1450 |
Spur
hinten |
1464 |
1537 |
1440 |
1400 |
Länge |
4700 |
4646 |
4685 |
4607 |
Breite |
1750 |
1791 |
1770 |
1728 |
Höhe |
1450 |
1413 |
1440 |
1405 |
Innenbreite
vorn |
1435 |
1490 |
1475 |
1425 |
Innenbreite
hinten |
1430 |
1475 |
1470 |
1425 |
Innenhöhe
vorn |
915 |
915 |
960 |
940 |
Innenhöhe
hinten |
870 |
865 |
900 |
880 |
Sitztiefe
vorn |
470 |
500 |
490 |
510 |
Sitztiefe
hinten |
470 |
510 |
480 |
500 |
Knieraum
hinten von/bis |
165/320 |
140/260 |
120/290 |
85/210 |
Wendekreis
links (m) |
11,5 |
11,5 |
11,2 |
10,8 |
Wendekreis
rechts (m) |
11,1 |
11,7 |
11,2 |
10,9 |
Lenkradumdrehungen |
4 |
3,5 |
3,5 |
4,5 |
Verbrauch (Superbenzin)
liter/100 km |
||||
Autobahn
ø ca. 125 km/h |
13,6 |
14,7 |
15,2 |
14,9 |
Autobahn
ø ca. 145 km/h |
16,9 |
18,4 |
18,9 |
18,0 |
Landstraße
ø ca. 75 km/h |
13,0 |
16,3 |
14,6 |
14,6 |
Landstraße
ø ca. 95 km/h |
17,1 |
19,2 |
18,7 |
17,5 |
Stadtverbrauch |
14,5 |
17,0 |
16,4 |
15,9 |
Gesamtverbrauch |
15,0 |
17,1 |
16,8 |
16,2 |
Motor
und Leistung |
BMW |
Ford |
Mercedes |
Opel |
Motorgeräusch |
9 |
10 |
8 |
8 |
Laufruhe |
10 |
10 |
8 |
8 |
Elastizität |
10 |
9 |
6 |
8 |
Drehvermogen |
10 |
6 |
7 |
6 |
Kraftstoffverbrauch |
9 |
7 |
7 |
7 |
Getriebeabstufung |
10 |
10 |
8 |
8 |
Beschleunigung |
10 |
9 |
7 |
8 |
Höchstgeschwindigkeit |
10 |
8 |
7 |
8 |
|
78 |
69 |
58 |
61 |
Das Zwischenergebnis nach den beiden ersten
Wertungen sieht die in Jahren gereiften Modelle von BMW und Mercedes vor den
Newcomern von Ford und Opel. Ob diese Reihenfolge schon endgültig ist, oder ob
die ausstehenden Prüfungen das Bild noch entscheidend verschieben können, wird
sich im zweiten Teil des Tests herausstellen.
Zwischenwertung |
BMW |
Ford |
Mercedes |
Opel |
Karosserie,
Ausstattung |
101 |
100 |
113 |
100 |
Motor,
Leistung |
78 |
69 |
58 |
61 |
|
179 |
169 |
171 |
161 |
Aus auto motor und sport 14/1972. - Von Helmut Eicker.