TRACK TEST BMW 3.5 CSL-SCHNITZER

KRAFT-BAYER

(Sport Auto, 1975. Jürgen Rapp. D.)

Autos, die fast 300 km/h laufen, fast 500 PS stark sind und weit über 100 000 DM kosten, fallen nicht alle Tage in Testerhände: sport auto hatte das Vergnügen. Nachdem das Schnitzer-Coupé um Haaresbreite den deutschen Meistertitel verfehlt hatte, sollte es wenigstens bei unserem Fahrtest seine Qualität beweisen.

Kräftige Unterstützung der Neerpasch-Werkstruppe und die Zigaretten-Mitgift der österreichischen Marke Memphis bewogen die Freilassinger Schnitzer-crew zwar, für 1975 große Pläne zu schmieden, doch an den deutschen Meistertitel wollten anfangs weder Albrecht Krebs, der sich für eine fast sechsstellige Summe eingekauft hatte, noch die beiden Schnitzer-Brüder Josef und Herbert glauben. Obwohl mögliche Konkurrenz – hier besonders die abstinente Alpina-Mannschaft, aber auch die Ex-Werks-Capri – gar nicht vollzählich in der Division ! (über 2000 ccm) aufzutauchen gedachte, war allen Fachleuten klar, daß Meistermacgher Zakowski mit seinem Top-Piloten Heyer wieder in der Division 2 wohl das Rennen machen würde. Doch das Schnitzer-Coupé, ein Werkswagen aus dem Vorjahr, zeigte sich mit seinem 430 PS starken Werks-Vierventil-Motor erstaunlich zuverlässig, so daß Krebs, fehlerfrei fahrend, durchaus hätte Meister werden können. Doch beim vorletzten Lauf in Hockenheim gingen dem Hanauer Bau-Spezialisten (Errichtung von Supermärkten) die Nerven durch und er verlor die entscheidenden Punkte. Damit wurden im letzten Rennen alle Anstrengungen notwendig: Herbert Schnitzer schaffte beide BMW-Coupés, wovon eines stets für den Schweizer Urs Zondler fahrfertig bereitstand, nach Hockenheim, um, von Martin Braungart beraten, die Fahrwerke optimal abzustimmen. In der Zwischenzeit hatte Josef Schnitzer zwei Super-Triebwerke in die Kur genommen und kitzelte die Leistung auf 480 PS hoch; was selbst die Beobachter der bMW Motorsport GmbH verblüffte. Da die eigene PS-Bremse in Freilassing nämlich nicht ausreichte, solche Superleistungen zu messen, fuhr man mit den Motoren nach München zu BMW. Das kam dem PS-Zauberer Josef Schnitzer übrigens sehr gelegen, da er so die möglichkeit hatte, seine oft angezweifelten Mehr-PS einmal zu demonstrieren. Als bei 8500 U/min ein Plus von rund 40 PS gegenüber den Werks-Zögling anstand, ließ man es gut sein, obwohl die höchste Leistung erst bei 8800 U/min erwartet wird. Dieses Drehzahllimit durfte auch Schnitzer-Pilot Krebs nur kurzfristig ausnutzen, da man um die Standfestigkeit bangte. Obwohl Schnitzer bereits eigene Kolben (Mahle) und Pleuel (von der Formel 2) verwendet, ist man hinsichtlich der Kurbelwelle etwas skeptisch. Sie bereitete schon in früheren Jahren Ärger. Würde man in der Drehzahl auf über 9000 U/min gehen können, dann wären aus dem BMW-Motor 500 PS herauszuholen. Insofern stecken noch einige Reserven in diesem Sechszylinder, der auch in den nächsten Jahren für BMW-Erfolge sorgen soll.

   Eine im Prinzip einfache Überlegung bewirkte den Leistungsvorsprung der Schnitzer-Triebwerke: Die BMW-Motoren sind im Serien-Coupé leicht nach links geneigt eingebaut (von vorn betrachtet), um rechts Platz für den voluminösen Luftfilter und den Ansaugtrakt zu schaffen. Bei den gedrosselten Serienleistungen spielt es auch nicht die entscheidende Rolle, ob die Auspuffkrümmer ganz ideal geführt sind, was aufgrund der Platzenge auf der linken, gegenüberliegenden Seite eben nicht möglich ist. Beim Rennmotor fordert diese geneigte Lage ihren Tribut: Die Ansaugtrichter für die Kugelfischer-Einspritz-Anlage benötigen eine gewisse Länge, so daß sie bei senkrechter Anflanschung an den Zylinderkopf aus der Motorhaube herausgeragt hätten. Man mußte deshalb die Ansaugbrücke mit der Schieber-Vorrichtung leicht krümmen, um sie unter der Motorhaube unterzubringen. Gleichzeitig hatte man die Einzelrohre der Auspuffseite stark gebogen, um sie später in der richtigen Rohrlänge zusammenzuführen. Mit einer leichten Drehung des gesamten Motors erreichte Schnitzer eine waagrechte Lage des Zylinderkopfes, so daß sowohl die Einspritz-Anlage exakt im 90°-Winkel angesetzt als auch auf der linken Auspuffseite mehr Platz für großzügige Rohrwindungen geschaffen werden konnte. Die Airbox öffnete man nach vorn und auch nach hinten, da sie im Volumen etwas verkleinert werden mußte.

   Mit all diesen Maßnahmen wurde der Gaswechsel beschleunigt, ohne daß an Ventilen und Nockenwelle entscheidende Eingriffe erfolgten. Allein die Führungen der Wasserkanäle wurden geändert, so daß jetzt jeweils neben den Zündkerzlöchern am Zylinderkopf kühlendes Naß von oben einfließen kann. Dadurch ließen sich die Motortemperaturen spürbar senken. Auch die Motorsport GmbH entschied sich letztlich für diese Schnitzer-Lösung und forderte vom Freilassinger Motoren-Tuner eine Serie dieser Spezialteile. Man bemerkt mit Erstaunen, daß das ehemals so angespannte Verhältnis zwischen Schnitzer und Neerpasch inzwischen zu gutem Teamwork ausartete, das sich nicht nur in der Formel 2, wo Schnitzer ebenfalls zuerst einen Leistungsvorsprung erzielen konnte, sondern nun auch bei den Sechszylinder-Entwicklungen zu bewähren scheint.

   In Sachen Fahrwerk vertrauen die Schnitzer-Brüder dem von Diplomingenieur Braungart abgestimmten Material und bauten deshalb das zweite Coupé exakt nach dem Werksmuster auf. Man war nur bestrebt, das beim Werks-Coupé festgestellte Übergewicht auf das zulässige Minimum von 1062 kg (Homologation ohne Sicherheitseinrichtungen) herabzudrücken. Geprägt wird das bullige Aussehen des Leichtbau-Coupés nicht nur durch die im Alltagsverkehr polizeilich gesuchten Flügelaufbauten an Dach und Heck, sondern durch die überbreiten Rennreifen, die vorn mittlerweile auf 12,5 Zoll und hinten auf 15,75 Zoll breiten BBS-Felgen aufgezogen sind. Um niedrigere Reifenquerschnitte undgrößere Bremsen unterzubringen, mußten die serienmäßigen 14-Zoll-Räder solchen von 16 Zoll Größe weichen. Auch die gesamten Radaufhängungen samt Federbeinen mußten weiter nach innen verlegt werden, damit die superbreiten Dunlop-Slicks im Radkasten untergebracht werden konnten. Nach außen durfte man im Gegensatz zu den IMSA-Vorschriften nicht mehr verbreitern, so daß die hinteren Kotflügel-Schlitze gerade noch zur Aufnahme der Kühler für das Differentialöl (links) und für das Motoröl (rechts) ausreichen. Der Wasserkühler ist trotz einiger Versuche, ihn ähnlich wie bei einem Capri-Experimentierauto ans Wagenheck zu schaffen, vorn im Motorraum geblieben. Dafür wanderte alles andere in den Kofferraum. Im Bestreben, so viel Gewicht wie möglich auf die Hinterachse zu bringen, schallte man das reglementgerechte ersatzrad (abgehobelter Schmalreifen) auf den Tank, rechts daneben wurde der Öltank für die Trockensumpfschmierung installiert, links davon ein spezieller Bremskraftverstärker, der von einer elektrischen Pumpe kontinuierlich mit 160 Bar Druck versorgt wird und damit unabhängig vom Motor arbeitet. Direkt über der Achse findet sich im Kofferraum noch der Feuerlöscher, dessen Spritzleitungen in das Cockpit und in den Motorraum führen. Daneben sitzt eine leistungsfähige Batterie, die aber zum mehrmaligen Starten des hochverdichteten Motors (10,9 : 1) nicht ausreicht. Zu erwähnen ist noch das Benzin-Fördersystem: Auf den üblicherweise verwendeten Catch-Tank verzichten die Schnitzer, doch drei Benzinpumpen, jeweils mit getrennten Filtern sowie die zahlreichen Zu- und Ableitungen, lassen Böses ahnen, wenn einmal der Benzindruck ins Schwanken kommt. Damit auch der letzte Tropfen des Kraftstoffs verwendet werden kann, ist unter dem Tank ein kleiner runder Sumpfbehälter angesetzt, aus dem mit einer speziellen Benzinpumpe der letzte Rest gezapft wird. Die Gefahr, diese Anbaukuppel einmal leck zu schlagen, dürfte fast größer sein als Probleme um den Catch-Tank. Bei kurzen Rennen ohne Nachtanken werden zudem die automatischen Verschluß-Stutzen, die zusammen vier Kilogramm ausmachen, aus Gewichtsgründen eingespart und gegen normale Tankdeckel ausgetauscht.

   Diese Maschinenraum-Atmosphäre setzt sich selbstverständlich im Cockpit fort, erst recht, seitdem die hinteren Sitze ausgeräumt werden und auf Bodenteppiche und einige sonstige Verkleidungen verzichtet wird. So beherrscht nicht nur beim Einstieg, wo ein Querrohr zu überklettern ist, sondern auch während des Sitzens – über, hinter und vor dem Fahrer – der Überrollkäfig den Innenraum. Alle Brems- und Ölleitungen führen sichtbar durch das Cockpit – unter dem Wagenboden könnten sie in Gefahr geraten, aufgerissen zu werden. Wehe, der Fahrer kommt bei einem Überschlag mit diesen vielleicht brechenden Leitungen in Verbindung! Solange er aber mit seinem Repa-Sicherheitsgurt auf seinem Scheel-Nomax-Schalensitz festgezurrt ist, braucht er wenig Unheil zu erwarten, da diesen versteiften Rennautos erheblich mehr aushalten als normale Wagen, selbst wenn diese vom Schlage eines Volvo sind.

   Obwohl die Fahrer heutzutage wieder näher am Lenkrad sitzen, finden sich wichtige Bedienungselemente wie Starterknopf, Hauptschalter, Auslöseknopf für Feuerlöscher, Reserveschalter und Sicherungen griffbereit auf der Mittelkonsole des Schalthebels. Dahinter plaziert sind die hydraulische Handbremse und der Bremskraft-Verteiler mit Handrad. Hinter dem BMW-Sportlenkrad lugen zwei porsche-Instrumente für Drehzahl und Öl (Temperatur und Druck) hervor, während links davon das BMW-Kombi-Instrument für Wassertemperatur und Benzinvorrat samt Warnleuchten installiert ist. Auf dem Ablagebord sitzen noch die Kontrollinstrumente für Benzindruck und Hinterachs-Temperatur. Das Gaspedal hängt an einem einfachen Seilzug, der den Gasschieber bedient. Eine Gestängekonstruktion wäre zwar weniger verschleißfreudig, aber weit komplizierter. So wechselt man lieber nach jedem dritten Rennen den ganzen Gaszug aus. Der dicke Luftschlaug hinter dem Lenkrad dient nur zur Abkühlung des piloten.

   Betrachtet man den Testwagen näher, dann fallen die Spuren einer Saison ins Auge. Der weniger eingesetzte Werks-Capri von Klaus Ludwig war gegen den Schnitzer-BMW ein Kleinod, ließ er doch auch in der Cockpit-Gestaltung mehr individuellen Reiz aufkommen. Aber Rennen werden mit Kraft und Leistung gewonnen und nicht mit Schönheit. Die Bestätigung für diese Behauptung bekamen wit bei Beschleunigungstests, die leider nur mit einem 440 PS starken Ex-Werksmotor absolviert werden konnten. Der Super-Motor mit 480 PS hatte nämlich im entscheidenden Moment, als Krebs seinem Konkurrenten Ludwig davonfahren wollte, gestreikt. Die am Tage darauf angesetzten Messungen fielen deshalb ins Wasser und konnten erst zu einem späteren Zeitpunkt nachgeholt werden – allerdings auch unter Wasser. Wenn auch die Beschleunigungstests noch aufgrund vorhandener Erfahrungswerte zu korrigieren waren, so blieben bei den Fahrversuchen auf dem Kleinen Kurs des Hockenheimrings einige stärken und Schwächen des Fahrwerks unentdeckt. Das Verhalten des mit Dunlop-Regenreifen bestückten BMW-Boliden erinnerte an Autorennen auf Eisflächen. Selbst im dritten Gang kam das Heck aus der Spur, wenn man abrupt Gas gab. In Kurven war, nach leichtem Untersteuern, sofort und in allen Lebenslagen ein Übersteuern zu provozieren, was immerhin für trockene Straße auf eine neutrale Fahrwerksauslegung schließen läßt. Die Lenkun erwies sich für diese extreme Verhältnisse als durchaus brauchbar, da sie weniger nervös reagierte als die nur noch bei den Werks-Coupés verwendete Zahnstangenlenkung. Absolut exakt und auch leicht zu schalten war das Getrag-Getriebe. Selbst der erste gang, der in den engen Kurven des Motodroms eingelegt werden mußte, ließ sich gut auffinden.

   Die schlechten Witterungsbedingungen ermöglichten es uns dreilich, die Qualitäten des Motors im unteren Drehzahlbereich zu erkunden. Selbst unter 4000 U/min war kein Ruckeln zu spüren, und man erreichte eine saubere Gasdosierung. Über 4000 U/min setzte aber schon spürbare Leistung ein, die bus über 8000 U/min kontinuierlich anstieg. Das Leistungsverhalten der BMW-Rennmotoren erwies sich einmal mehr als ziemlich alltagsähnlich, was man meistens schon beim Starten eines Rennmotors sagen kann. Auch der Sechszylinder sprang immer auf den ersten Knopfdruck an, selbst als er bei den Messungen mehrmals geplagt wurde.

   Trotz der unterschiedlich nassen Bodenverhältnisse konnten die Messungen einigermaßen realistisch durchgeführt werden, auch wenn selbst im zweiten Gang ein Durchdrehen der Hinterräder nie recht zu vermeiden war. Da bei Rennwagen der 100-km/h-Wert ohnehin wenig aussagekräftig ist, beließen wir es bei einem Versuch mit fünf Sekunden. Bei optimalen Verhältnissen und dem 480-PS-Motor läßt sich die Zeit speielend auf 4,5 Sekunden drücken. Die Kraft und Herrlichkeit ist allerdings erst zwischen 100 und 200 km/h zu spüren, denn nicht einmal neun Sekunden benötigt der 440-PS-Bolide für diesen Temposprung. Beim Super-Motor wäre das rechnerisch sogar unter acht Sekunden. Und das alles bei einer Übersetzung, die auf maximal 240 km/h ausgelegt war!

   Sport Auto hat zwar Formel- und Sportwagen gemessen, die durchaus noch besser beschleunigen, aber das Gefühl, über eine Tonne Gewicht in dieser Zeit auf Tempo 200 zu bringen, ist schon eindrucksvoll. Schade nur, daß wir den 480-PS-Boliden nicht kennenlernen konnten. Aber wir sind sicher, daß schon im nächsten Jahr auch 480 PS überholt sind, denn Josef Schnitzer ist Tag und Nacht auf PS-Suche, während sein Bruder Herbert darauf achtet, daß diese Mehr-PS auf der Rennstrecke auch in zahlreiche Erfolge umgemünzt werden.

 

BMW-SCHNITZER 3,5 CSL

Sechzylinder-DOHC-Reihenmotor; 3498 ccm (94 x 84 mm); Verdichtung 10,9:1; 480 PS bei 8800 U/min; Kugelfischer-Einspritzung; Getrag-Fünfganggetriebe; Bilstein-Alu-Stoßdämpfer; Ate-Vierkolben-Scheibenbremsen vorn und hinten (Ferodo-Beläge); Räder vorn 12,5 x 16“ hinten 15,75 x 16“; Reifen: Dunlop, vorn 300/625-16, hinten 350/625-16; 120-l-Alutank im Kofferraum; Leergewicht 1090 kg; Vmax ca. 300 km/h; Benzinverbrauch ca. 50 l/100 km; Preis: 150 000,- DM.

Erfolge 1975: Dritter Platz bei der Deutschen Rennsportmeisterschaft.

Ausfallgrund: Ein Ausfall beim Endlauf der Rennsportmeisterschaft, Kolbenboltzen am Motor gebrochen – Motor geplatzt.

 

Vergleich

BMW
3,5 CSL

BMW
3,0 CSL

Porsche
Carrera

Tuner

Schnitzer

Alpina

Max Moritz

Testjahr

1975

1973

1974

Hubraum (ccm)/PS

3498/440

3498/360

2993/345

Leistungsgew. Kg/PS

2,45

2,96

2,66

Ventilzahl pro Zyl.

4

2

2

Beschleunigung (Sek)



0-60 km/h

 

 

2,5

 

 

2,6

 

 

2,2

0-80 km/h

3,5

3,4

3,0

0-100 km/h

5,0

4,8

4,2

0-120 km/h

5,9

6,0

5,3

0-140 km/h

7,8

8,0

6,9

0-160 km/h

9,1

10,2

8,7

0-180 km/h

11,6

12,8

10,6

0-200 km/h

13,9

15,7

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