TEST BMW 3.0 CSL

SONDERAUSGABE

(auto motor und sport 23/1974. Werner Schruf. D.)

Das CSL Coupé nimmt im BMW-Programm eine besondere Stellung ein: Die Leichtbau-Version ist das Basis-Modell der erfolgreichen Renn-Coupés.  

Verkaufspolitische Gesichtspunkte spielten bei Planung und Verwirklichung des CSL-Projektes nur eine untergeordnete Rolle. Denn die Marschrichtung war von anderen Direktiven maßgeblich bestimmt – vor allem von dem Wunsch des BMW-Vorstandes nach werbeträchtigen Tourenwagen-Rennsiegen und von den Auflagen der FIA-Sportkommission CSI. Diese schreiben vor, daß nur in einer Stückzahl von 1000 Exemplaren gefertigte Autos im Rennsport als Tourenwagen der Gruppe 2 homologiert werden können. Und da das Nobel-Coupé 3.0 CSi wegen zu hohem Homologationsgewicht (1230 kg) gegenüber den um 900 Kilogramm schweren Leichtbau-Capris nicht konkurrenzfähig war, bauten die Münchner bis Anfang letzten Jahres 1000 Leichtbau-Versionen. Die abgemagerte, mit Dünnblechteilen, Aluminium-Hauben und –Türen sowie Plexiglasscheiben versehene Sonderausführung brachte 1165 kg auf die Waage und hatte einen 200 PS starken Einspritz-Motor mit 3003 ccm Hubraum, der für Sporteinsätze auf etwa 3,3 Liter aufgebohrt werden konnte.

   Der ersten CSL-Version, die auf der Rennpiste der Konkurrenz wohl ebenbürtig, nicht aber überlegen war, folgte bald darauf eine zweite Variante. Sie unterscheidet sich äußerlich durch aerodynamische Hilfsmittel (Frontspoiler, Heckflügel) und auf der Motorseite durch eine langhubigere Kurbelwelle vom Urmodell. Um diese Zutaten homologieren zu können, mußten nach einem auf Drängen der einschlägigen Industrie erfolgten CSL-Beschluß nur noch 100 weitere mit diesen Extras ausgerüstete Autos nachgewiesen werden. [Zuvor gab es die wirkliche Urversion des CSL, mit Vergaser und 180 PS, basiert auf den 3.0 CS. Der Test-CSL gehört also zur dritte Ausgabe – BV]

 

Für die Straße lieber schwerer

Bislang wurden insgesamt knapp 1200 CSL Coupés verkauft, doch nur wenige von diesen verließen in der ganz leichten Ausführung das Werk. Denn mit Ausnahme der Rennställe und weniger Sportfahrer ist niemand ernstahft daran interessiert, das Coupé in seiner leichtesten Version mit feststehenden Seitenscheiben aus Plexiglas und mit einem Minimum an Antidröhnmaterial zu erhalten. Die meisten Kunden wollen zwar die Sportlichkeit nicht missen, aber auch nicht auf ein Mindestmaß an Komfort verzichten, weshalb man die modifizierte CSL-Variante nur noch auf ausdrücklichen Wunsch in der ursprünglichen Leichtbau-Ausführung liefert. Hartglas-Seitenfenster, heizbare Heckscheibe und Verbundglas-Frontscheibe gehören im Zuge der Straßen-Anpassung ebenso zum serienmäßigen Lieferumfang wie eine wirkungsvolle Geräuschisolierung des Innenraums. Auf Wunsch und ohne zusätzlichen Aufpreis wird außerdem ein Stadtpaket angeboten, das eine dem CSi-Modell entsprechende Fahrwerksabstimmung mit Stabilisatoren und weicheren Stoßdämpfern bietet und außerdem solide Stoßstangen enthält.

   Aber auch in der „gemäßigten“ Version – ihr entsprach der nicht mit dem Stadtpaket ausgerüstete Testwagen – hat das CSL Coupé genügend sportive Eigentümlichkeiten zu bieten: Schalensitze und Kunstleder-Lenkrad, schwarze Seitenstreifen (auf Wunsch auch in Rennfarben), Zierleisten an den Radläufen, Motorhaube aus Aluminiumblech mit primitiver, nur von außen zu betätigender Verriegelung, sieben Zoll breite Leichtmetalfelgen mit voluminösen 195-er Gürtelreifen, Sperrdifferential und natürlich aerodynamische Hilfsmittel – Frontspoiler, Luftleitprofile auf den vorderen Kotflügeln und Abrißkante am Heck. Das ebenfals die Aerodynamik verbessernde, zur Montage auf Dach und Kofferraumdeckel gedachte Luftleitwerk, das zwar nicht in der Bundesrepublik, wohl aber in einigen anderen Ländern montiert werden darf, wird nur auf ausdrücklichen Wunsch kostenlos im Kofferraum mitgeliefert.

 

Weniger Auftrieb

Die Luftleitprofile sind zweifellos die optisch markantesten in die Serienfertigung übernommenen Abfallprodukte der BMW-Rennentwicklung. Sie resultieren aus umfangreichen Windkanal-Versuchen, die die Motorsport GmbH mit einem ihrer Renn-Coupés durchgeführt hat, wobei es ihr allein um optimale Reduzierung des Luftwiderstandes und Erhöhung des Anpreßdruckes der Hinterräder ging. Die bei diesen Experimenten ermittelten Spoiler wurden später aus Homologationsgründen in die Serie übernommen. Davon profitiert natürlich auch der im Vergleich zur Rennausführung schwach motorisierte Straßen-CSL, wenn auch nicht im gleichen Maße wie die Renn-Coupés. Der tief herabgezogene Frontspoiler und die Luftleitstege auf den vorderen Kotflügeln reduzieren bei Tempo 200 den Auftrieb des Vorderwagens um 206 Kilogramm, wobei die aus Gummi gefertigten Stege lediglich die Aufgabe haben, die Strömung über der Motorhaube zu stabilisieren.

   Die durch das Stufenheck bedingten, nicht besonders günstigen Strömungsverhältnisse wurden durch eine ganze Reihe von Spoilern verbessert: Das oberhalb des Rückfensters montierte Leitblech verhindert das vorzeitige Abreißen des Luftstromes und lenkt ihn auf den Heckflügel, wodurch ein auf die Hinterachse wirkender Abtrieb erzeugt wird, der bei einer Geschwindigkeit von 200 km/h etwa 90 Kilogramm beträgt. Die Seitenflossen des Flügels tragen zur Stabilisierung des Wagenhecks bei, während der kleine Heckspoiler für eine widerstandsärmere Strömung im Bereich des Wagenendes sorgt.

   Die Fahrleistungen des CSL Coupés werden durch diese Maßnahmen nur geringfügig beeinflußt: Der verminderte Auftrieb macht sich namentlich im oberen Geschwindigkeitsbereich bemerkbar und bewirkt eine um wenige km/h höhere Endgeschwindigkeit. Dagegen profitiert die Fahrstabilität bei hohem Tempo ganz wesentlich von der verbesserten Aerodynamik. Das zeigten Fahrversuche, die auto motor und sport auf dem Hockenheimring durchführte: Mit Heckflügel zeigte das CSL Coupé eine leichte Untersteuerungstendenz und erreichte etwas höhere Kurvengeschwindigkeiten als in herkömmlichem Zustand, was auf den höheren Anpreßdruck der Hinterräder zurückzuführen ist und was dem Piloten ein wesentlcih sicheres Fahrgefühl vermittelt.

 

Mehr Hubraum

Der Sechszylinder-Einspritzmotor des Leichtbau-Coupés, der durch die Verwendung von Kolben und Zylindern der zweiten Übergröße im Gegensatz zu den anderen Dreiliter-Versionen des Hauses ursprünglich genau 3003 Kubikzentimeter Hubraum hatte, wurde mit Hilfe einer langhubigeren Kurbelwelle (84 statt 80 mm Hub) auf 3153 ccm vergrößert. Grund: Die Rennmotoren benötigten eine weitere Kraftspritze und können mit der neuen Kurbelwelle von 3,3 auf 3,5 Liter Hubraum gebracht werden. Was die Vergrößerung der Bohrung betrifft, so waren bei den Renn-Triebwerken die Reserven bereits erschöpft: Die Renn-Kolben haben einen Durchmesser von 92 Millimeter (Seire 86 mm) und sind nur dann unterzubringen, wenn man auf den Wassermantel zwischen den einzelnen Zylindern verzichtet.

   Bei Serienmotoren wollen die BMW-Techniker dieses prinzip nicht anwenden. Deshalb wurde für den Vergaser-Motor des neuen BMW 3.3 L eine andere Kurbelwelle mit 88,4 mm Hub entwickelt. Dieses größere Triebwerk wird es in absehnbarer Zeit auch im CSL geben, dann allerdings als Einspritz-Version. Im Augenblick ist man damit beschäftigt, eine L-Jetronic-Anlage auf diesen Motor abzustimmen, die dann selbstverständlich auch im Luxus-BMW 3.3 L angeboten wird.

   Aber auch mit 206 PS Nennleistung und einem maximalen Drehmoment von 29,2 mkg bei 4200 U/min ist der CSL gut bei Kräften. Das zeigte sich bei den Beschleunigungsmessungen in eindrucksvoller Weise: Das 1270 Kilogramm schwere Leichtbau-Coupé spurtete in sieben Sekunden auf 100 km/h, legte den Kilometer mit stehendem Start in 27,3 Sekunden zurück und erreichte ohne lange Anlaufzeit eine Höchstgeschwindigkeit von 220,9 km/h. Damit übertraf der Testwagen nicht nur sein um sechs Pferdestärken schwächeres Vorgänger-Modell geringfügig, sondern zeigte auch, daß er selbst mit reinrassigen Sportwagen vom Schlage eines Porsche 911 gut mithalten kann. Neben der beispielhaften Drehfreudigkeit der kultivierten, laufruhigen Sechszylinder-Maschine sorgte vor allem ihr kraftvolles Durchzugsvermögen bei niedrigen Drehzahlen für das Gefühl überlegener Motorisierung, was bei der Elastizitätsprüfung durch gute Meßwerte im unteren Geschwindigkeitsbereich (40 bis 100 km/h 13,4 s) auch bestätigt wurde. Bleibt noch zu erwähnen, daß das leichtgängig, etwas knochig zu schaltende Vierganggetriebe ausgezeichnet mit der Motorcharacteristik harmoniert, und daß die Maschine zu den guten Futterverwertern zählt. Durchschnittlich konsumierte der Testwagen 16,8 Liter/100 km, was in Anbetracht der respektablen Fahrleistungen noch als günstiger Wert gelten kann.

   In den übrigen Eigenschaften ähnelt das Leichtbau-Coupé von BMW seinen schwereren und schwächeren Brüdern – mit Ausnahme des Komforts: Unebenheiten werden fühlbar schlechter geschluckt, und auch die Lenkung (Servohilfe kostet 815 Mark Aufpreis) ist, vor allem beim Rangieren, schwergängiger. Teuer ist es außerdem: Bei einem Anschaffungspreis von DM 38 860,- beträgt die Differenz zum seriöseren und komfortableren CSi immerhin knapp 4000 Mark.

 

Fahrleistungen

Höchstgeschwindigkeit: 220,9 km/h
(entsprechende Drehzahl 6150 U/min)
Beschleunigung (Sek)

0 -  40 km/h

2,1

0 -  60 km/h

3,4

0 -  80 km/h

5,1

0 -100 km/h

7,0

0 -120 km/h

10,1

0 -140 km/h

13,5

0 -160 km/h

18,3

0 -180 km/h

25,6

1 km m. Steh. Start

27,3

 

Elastizität
Beschleunigung im IV. Gang ab 40 km/h (Sek)

40 –   60 km/h

4,6

40 –   80 km/h

9,0

40 – 100 km/h

13,5

40 – 120 km/h

18,1

40 – 140 km/h

21,9

40 – 160 km/h

26,5

40 – 180 km/h

33,7

1 km ab 40 km/h

32,1