TEST BMW Alpina 3.0 CSL

LAUFFEUER

(Auto motor und sport 18/1972. Michael Mehlin. D.)

Wer sich zum Kauf eines serienmäßigen BMW Dreiliter Leichtbaucoupés (DM 31.245) entschlossen hat, kann sich über mangelnde Leistung nicht beklagen. Überaus eindrucksvolle Werte in Beschleunigung und Höchstgeschwindigkeit sorgen für eine eklatante Überlegenheit in jeder sich bietenden Verkehrssituation – und das mit den Ausmaßen und der Geräuschkulisse eines komfortablen Viersitzers. Daß jedoch selbst dieses 180 PS starke BMW-Coupé den Wünschen mancher Leistungshungriger offensichtlich noch nicht gerecht wird, zeigt die Nachfrage bei der Tuning-Firma im Bayerischen Buchloe: Zwei Monate muß der Interessent auf einen modifizierten 3.0 CSL in der 250 PS-Straßenversion warten. Ein Exemplar dieser Art stand auto motor und sport zwei Wochen lang für Leistungsmessungen und Fahrversuche zur Verfügung.

Karosserie: Gewichtsersparnis

Um auch im Renneinsatz den schnellen Capri aus Köln Paroli bieten zu lönnen, hatte sich das Münchener Stammhaus im Jahre 1971 zum Bau von 1000 zur Homologation erforderlichen Exemplaren eines leichtgewichtigen Dreiliter-Coupés entschlossen, um dem Handicap zu hohen Gewichts endgültig abzuhelfen.

   Zwar besteht die selbsttragende Karosserie immer noch aus solidem Stahlblech, doch nichttragende Teile wurden aus Dünnblech gefertigt, Türen sowie Motor- und Kofferdeckel aus leichtem Aluminium. Daß das Alpina-Coupé dennoch beinahe 1200 kg auf die Waage bringt, liegt an der Notwendigkeit, das Fahrwerk durch die Verwendung von größeren Bremsscheiben und Stabilisatoren der höheren Leistung anzupassen. Auch die sehr aufwendig ausgeführte Luftfilteranlage zur Dämpfung des Motorgeräuschs zählt zu den gewichtigen Objekten. Optisch hat der Trimm das BMW-Coupé sichtbar verändert: Der in den trafitionellen Alpina-Rennfarben geld/schwarz lackierte Testwagen hatte keinerlei überflüssigen Chromschmuck. Die vordere Stoßstange wurde weggelassen, die hintere Stoßstange besteht aus Kunststoff in unauffälliger schwarzer Farbe. Die ausgesetzten Kotflügelverbreiterungen und vor allem der reisige Spoiler unter dem Kühlergrill lassen das Auto imposant und aggressiv aussehen.

   Im Cockpit erwartet den Piloten ungewohnter Ausstattungsluxus; lediglich das Lederlenkrad, die Scheel-Schalensitze und drei Zusatzinstrumente deuten auf den sportlichen Charakter hin.

   Nachdem man im anatomisch einwandfrei gestaltenen Scheel-Gestühl Platz genommen hat, registriert man erfreut eine optimale Sitzposition: Das Lederlenkrad läßt sich in entspannter Haltung mit leicht angewinkelten Armen ergreifen, die rechte Hand fällt zwangsläufig auf den Schaltstock des exakt und leicht zu schaltenden Fünfganggetriebes. Der linke Fuß ruht, wenn er nicht gerade die mit Nachdruck zu betätigende Kupplung treten muß, auf einem Trittbrett, das bei schneller kurvenfahrt zusätzlich seitlichen Halt bietet. Sämtliche Instrumente sind so angebracht, daß sie keinesfalls der Aufmerksamkeit des Fahrers entgehen können.

 

Motor: Kultivierte Kraftentfaltung

Kernstück des Alpina-BMW ist der entwicklungsfähige Reihen-Sechszylinder mit 3 Liter Hubraum und einer in der Serie mit 180 PS (beim Einspritz-Modell 200 PS) noch längs nicht den Mòglichkeiten des Triebwerks entsprechenden Leistung. Im Renntrimm ist das Aggregat gut für 340 PS. So werden die 250 Pferde der im Testwagen eingebauten Maschine mit erträglichem Aufwand realisiert. Der Motor besitzt geschmiedete Kolben, die das Verdichtungsverhältnis auf 10,5 : 1 (Serie 9,0 : 1) anheben. Der intensivierten Gemischzufuhr durch die Verwendung von drei Weber Doppelvergasern des Typs 45 DCOE wurde der Zylinderkopf mit halbkugelförmigen Brennräumen, größeren Ein- und Auslaßventilen und einer Sportnockenwelle mit 300° Öffnungswinkel angepaßt. Die aufwendige Luftfilteranlage und eine Spezial-Auspuffanlage vervolständigen die Maßnahmen zur Leistungssteigerung. Solchermaßen getrimmt, leistet die Alpina-Maschine nun 250 PS bei 6600 U/min. Bei 4500 U/min stellt sich ein sattes Drehmoment von exakt 29,8 mkg ein.

   Der Erfolg der höheren Leistung dokumentierte sich bei den Beschleunigungsmessungen in Hockenheim in atemberaumender Weise: Beim Ausdrehen der Gänge bis zur zulässigen Drehzahl von 7200 U/min sprintete das große Coupé in genau 6,7 Sekunden aus dem Stand auf 100 km/h, nach 14,9 Sekunden war bereits die 160 km/h-Marke erreicht. Auch danach hält der Beschleunigungsschub unvermindert an, was die ausgezeichnete Zeit von 26,1 Sekunden für den stehenden Kilometer klar zeigt, obwohl bei der Messung auf dem glatten Hockenheim-Belag ein zu starkes Durchdrehen der Hinterräder beim Start nur mit viel Mühe und Feingefühl unterbunden werden konnte. Bei einer Nachmessung auf griffiger Betonpiste wurde dieser Wert noch auf 25,5 Sekunden verbessert. Ebenso eindrucksvoll wie die Beschleunigung erscheint die maximal erreichbare Geschwindigkeit von effektiv 243,2 km/h. Nicht ganz unbeteiligt an der hohen Spitze des Alpina-Coupés sit der vorn angebrachte Spoiler, der durch Verbesserung der Aerodynamik immerhin etwa 15 PS einspart und somit in den Regionen über 220 km/h zusätzliche 5 km/h einbringt.

   Bei dieser Art von Kraftentfaltung würde ein stark erhöhter Geräuschpegel und eine an ein Renntriebwerk erinnernde Leistungscharakteristik in den unteren Drehzahlbereichen durchaus nicht überraschen. Der Alpina-Pilot bleibt jedoch von derlei Unzulänglichkeiten verschont: Fast wie sein Serien-Pendant entfaltet das frisierte Aggregat seine hohe Kraft seidenweich und in einer Art, die nicht auf die vergleichsweise hohe Literleistung von mehr als 83 PS schließen läßt. Fast wünscht man sich bei einem derart sportiven instrument ein Mehr an sportlicher Geräuschkulisse. Anlaß zur Kritik gab lediglich das im Leerlauf hörbar mahlende Getriebegeräusch, das sich aber sofort nach dem Losfahren verlor.

   Ein erfreuliches Kapitel ist auch der gute Wirkungsgrad des Alpina-Triebwerks: Der Testverbrauch von 18,4 Liter pro 100 Kilometer erscheint auf den ersten Blick zwar nicht gerade bescheiden, doch muß die bevorzugt forcierte Fahrweise, zu der das schnelle Coupé geradezu herausfordert, dabei berücksichtigt werden. Ohne viel langsamer zu sein, war es bei etwas zurückhaltender Betätigung des Gaspedals durchaus möglich, den Benzinkonsum unter 16 Liter pro 100 Kilometer zu drücken. Nur rennmäßiger Einsatz ließ den Kraftstoffbedarf über die 20 Liter-Grenze ansteigen.

 

Fahrwerk: hart und schnell

Das Fahrwerk des schnellen Alpina-BMW präsentiert sich in erwartet harter Sportlichkeit, doch wirkt der erzielte Kompromiß zwischen optimalem Fahrverhalten und noch erträglichem Komfort gut gelungen. Zwar sind die Federwege kurz und die Ansprache recht trocken, aber es kommt nie zu harten und unangenehmen Schlägen auf die Wirbelsäulen der Insassen.

   Zugleich wurde ein unter allen nur denkbaren Bedingungen äußerst sicheres und unproblematisches Fahrverhalten erreicht, das es gestattet, schnelle Kurven in munterer Gangart anzugehen und in atemberaubender Geschwindigkeit zu umrunden. Das leicht untersteuernde Verhalten des BMW zwingt den Piloten dabei nur zu minimaler Lenkarbeit, obwohl das vergleichsweise schwere Auto mit einer mechanischen Lenkung ohne Servounterstützung operiert. In langsamen und mittelschnellen Biegungen steht genügend Überschußleistung an den Hinterrädern zur Verfügung, um das Heck mit dem Gaspedal zu steuern und die Kurve in einem kontrollierten gleichmäßigen Drift zu absolvieren. Selbst dabei erwiesen sich die Lenk- und Haltekräfte als erstaunlich niedrig. Die Seitenneigung des Aufbaues ist auch bei extremer Fahrweise so gering, daß sie weder von den Insassen noch von Außenstehenden registriert wird. Zu den positiven Punkten der Fahrsicherheit zählen auch die unbeirrbare Richtungsstabilität und die Seitenwindunempfindlichkeit. Ach hier spielt der vorn angebrachtete Spoiler eine nicht unbedeutende Rolle: Bei Geschwindigkeiten über 200 km/h drückt der den Spoiler erfassende Luftstrom die Frontpartie des Coupés gegen die Fahrbahn und sorgt dadurch für eine Mehrbelastung der Vorderachse um etwa 100 Kilogramm. Auch die Bremsanlage wurde der Mehrleistung angepaßt: die vorn noch vergrößerten und im übrigen an allen vier Rädern ventilierten Scheibenbremsen waren allen Beanspruchungen gewachsen und zeigten nur im Extremfall ein kaum feststellbares leichtes Rubbeln.

   Das Vergnügen, ein solch überlegenes Automobil zu besitzen, will allerdings entsprechend bezahlt sein: Der Spezialmotor kostet zusammen mit den Ölkühleranlagen zusätzliche 6150 Mark, das ZF-Fünfganggetriebe ist mit weiteren 2700 Mark dotiert. Für den Umbausatz der Scheibenbremsen und für die einstellbaren Stabilisatoren müssen jeweils 630 und 320 Mark entrichtet werden. So kommen mit Arbeitslohn und Mehrwertsteuer runde 11.800 Mark zusammen, die das serienmäßige Leichtbau-Coupé um exakt diesen Betrag verteuern. Der hohe Endpreis engt den Käuferkreis zwangsläufig ein. Eines muß dabei jedoch bedacht werden: Das CSL Alpina-Coupé bietet ein Optimum an Fahrleistung und Fhrvergnügen, das selbst bei beinahe doppelt so teuren, aus Italien oder England stammenden Luxusgefährten nur in unvollkommender Weise geboten wird.

 

Zum Vergleich

BMW-Alpina 3.0 CSL

Aston Martin DBS V8

Ferrari 365 GT

Lamborghini Jarama
400 GT

Maserati Ghibli

Porsche
911 S*

Hubraum (ccm)

2985

5340

4390

3929

4709

2341

Leistung (PS/U/min)

250/6600

350/5500

320/6600

350/7500

310/6000

190/6500

Preis (DM)

43.045

75.267

75.314

63.270

72.233

31.650

Beschleunigung in Sekunden

 

 

 

 

 

 

0 –   60 km/h

3,1

3,5

3,8

3,7

3,8

3,5

0 –   80 km/h

4,9

5,1

5,3

5,2

5,2

5,6

0 – 100 km/h

6,7

7,1

7,3

6,9

7,0

7,4

0 – 120 km/h

8,8

9,5

9,8

9,0

9,1

10,2

0 – 140 km/h

11,4

12,7

13,0

12,0

12,0

13,2

0 – 160 km/h

14,8

16,2

16,6

15,5

15,0

17,8

0 – 180 km/h

19,5

21,4

22,0

19,8

18,8

23,0

0 – 200 km/h

27,1

27,6

29,0

26,6

24,4

32,0

1 km mit stehendem Start

26,1

26,9

27,1

26,4

26,1

27,2

Spitze (km/h)

243,2

241,7

241,5

249,2

274,8

231,4

* mit Fünfganggetriebe