BMW 2500 SECHSZYLINDER VERGLEICHSTEST (2)

DIE FEINE ART

Auto motor und sport vergleicht vier renommierte deutsche Sechszylinder-Modelle. Nachdem im ersten Teil die Karosserien und die Motoren bewertet wurden, geht es im abschließenden zweiten Teil darum, wie sich die vier Prestigeautos auf der Straße verhalten.

3. WERTUNG: HANDLICHKEIT, BEDIENUNG

Mit Recht erwartet man in der gehobenen Mittelklasse neben kultivierten Laufeigenschaften des Motors, gutem Fahrkomfort und gediegener Ausstattung auch eine bequeme und mühelose Handhabung des Wagens. Der Eindruck des gerade in dieser Klasse angestrebten gepflegten Fahrens enststeht nämlich nicht zuletzt durch die einwandfreie Funktion und die richtige Anordnung der einzelnen Bedienungselemente. Auch die Übersichtlichkeit, die man vom Fahrersitz aus hat, spielt dabei keine unwichtige Rolle, zumal bei den respektablen Abmessungen dieser Autos der Handlichkeit natürliche Grenzen gesetzt sind.

Da in diesem Zusammenhang die Lenkung von besonderer Bedeutung ist, andererseits die gewichtigen Sechszylinder-Motoren durch erhöhten Druck auf die Vorderräder die Lenkkräfte ziemlich stark ansteigen lassen, wurden alle vier Testwagen vornherein mit Servo-Lenkungen ausgerüstet. Serienmäßig ist sie indes nur beim Ford eingebaut, bei den übrigen Fabrikaten müssen bis zu 786 Mark (beim BMW) extra bezahlt werden. Übrigens wurden, um von der Bereifung her keine unerwünschten Unterschiede in die Meßergebnisse zu bekommen, die Testwagen einheitlich mit Gürtelreifen des Typs Veith-Pirelli CN 36 versehen. Die Servo-Wirkung der Lenkungen ist durchweg so bemessen, daß die Lenkräder selbst bei komplizierten Rangier-Manövern auf engstem Raum spielend leicht bedient werden können. Nur beim Commodore muß mehr Kraft aufgewendet werden – nicht zuletzt deshalb, weil das griffsympatische Lenkrad den kleinsten Durchmesser hat.

Bei schneller Überlandfahrt auf schmalen Straßen, wo ein präzises Reagieren auf Lenkbewegungen besonders erwünscht ist, kann die Mercedes-Lenkung am besten gefallen: Sie arbeitet absolut zielgenau, ist völlig stoßfrei und nimmt in engen sowie in schnell gefahrenen weiten Kurven im Kraftaufwand angenehm progressiv zu. Durch diese gelungene Auslegung vermittelt sie dem Fahrer das notwendige Gefühl für Bodenkontakt und jeweiligen Fahrzustand – eine Eigenschaft, die Servo-Lenkungen manchmal vermissen lassen. Die BMW-Lenkung arbeitet ebenfalls sehr exakt, aber trotz des großen Lenkrades fast zu direkt und etwas nervös, so daß sie vermehrte Aufmerksamkeit erfordert ziemlich gewöhnungsbedürftig ist. Eine gute, ‚schnelle’ Lenkung hat auch der Commodore GS, die als Servo-Lenkung nur etwas schwergängig ausgefallen ist. Eine völlig andere Art der Auslegung bevorzugten die Ford-Techniker: Die schon fast amerikanisch anmutende, extrem leichtgängige Granada-Lenkung ist wenig zielgenau und damit für sportliches Fahren nicht besonders gut geeignet. Andererseits verzeiht sie unabsichtigte Lenkradbewegungen großzügiger – eine Auslegung, wie sie im Zusammenhang mit Sicherheitsautos in letzter Zeit häufiger diskutiert wurde. Dem Testteam erschienen der BMW und der Mercedes dank sehr guter Lenkeigenschaften und Übersichtlichkeit als besonders handlich. Nur der ebenfalls sehr übersichtliche Opel büßt dadurch an Handlichkeit etwas ein, daß er vergleichsweise hohe Lenkkräfte benötigt. Stärker fiel der Granada durch seine zu tiefe Sitzposition und die hoch angesetzte Gürtellinie ab, was zusammen mit der unpräzisen Lenkung den Eindruck von Schwerfälligkeit aufkommen ließ. Durch mustergültige Schaltungen und sehr gut ablesbare und optimal gestylte Instrumente sammelten der BMW und der Opel weitere Pluspunkte. Nicht so gut schnitten hier der Mercedes und der Ford ab: Beim 230 geht die Schaltung reichlich ‚eckig’, beim Ford ist der Querweg zu groß und der Schalthebel dadurch im dritten Gang zu weit vom Fahrer entfernt. Auch die Armaturen können bei diesen beiden Autos nicht so gut gefallen: Beim Mercedes wünscht man sich statt des großflächigen Kombi-Instruments einen Drehzahlmesser – beim Ford sind Tachometer und Drehzahlmesser in solch tiefen Schächten untergebracht, daß die Ablesbarkeit eindeutig leidet.

Die Anordnung und Ausführung der diversen Schalter und Hebel, zu denen auch die Betätigungshebel für Heizung und Lüftung sowie für Sitz- und Lehnenverstellung zu zählen sind, könnten beim BMW 2500 und beim Mercedes 230 als vorbildlich gelten, wenn beim BMW der Blinkerhebel statt mit der rechten mit der linken Hand zu bedienen wäre und wenn beim Mercedes der Scheibenwascher statt mit dem Fuß mit einem Fingerhebel in Aktion gesetzt werden könnte. Auch beim besonders reichhaltig ausstafierten Ford Granada und beim Commodore GS muß man mittels Fußpumpe auf unzulängliche Weise Wasser auf die Windschutzscheibe spritzen. In dieser Preisklasse sollte man die funktionelleren Aufpreis-Lösungen als Serienausstattung erwarten können. In der Wertung Handlichkeit und Bedienung kann sich der besonders mühelos und angenehm zu dirigierende BMW gegenüber dem Mercedes und dem Opel einen geringen Vorsprung sichern. Der schwerfälligere Granada muß dagegen eine größere Punkteinbuße hinnehmen.

Handlichkeit und Bedienung

BMW

Ford

Mercedes

Opel

Lenkkräfte

10

10

10

9

Lenk-Exaktheit

10

8

10

9

Wendekreis

9

8

9

10

Handlichkeit

10

7

10

9

Schaltung

10

8

8

9

Schalter und Hebel

9

8

9

8

Armaturen

10

8

8

10

 

68

57

64

64

4. WERTUNG: FAHRKOMFORT

Autos vom Gewicht und von der Größe der vier Testwagen bieten günstige technische Voraussetzungen für guten Fahrkomfort. Das vorteilhafte Verhältnis von Zuladung zu Eigengewicht, die voluminösen Reifen, der relativ lange Radstand und die realisierbaren Federwege stellen die Konstrukteure vor weitaus geringere Komfort-Probleme als sie bei kleineren Autos auftreten. Von der Geräuschseite ergeben sich durch die Verwendung vibrationsarmer Sechszylindermotoren ebenfalls gute Voraussetzungen, so daß man in der gehobenen Mittelklasse durchaus hochgespannte Komfort-Erwartungen ansetzen kann und sich keinesfalls mit Halbheiten abzufinden braucht.

Um so erstaunlicher ist es, daß der Punkteunterschied in der Komfort-Wertung zwischen dem Klassen-Besten und dem schlechtesten Konkurrenten größer als bei allen anderen Wertungen ausfällt. Die Ursache hierfür dürfte indes nicht nur im größeren Bauaufwand der Mercedes-Hinterasche zu suchen sein (BMW und Ford verwenden ebenfalls Doppelgelenk-Schräglenker-Hinteraschen), sondern auch im anderen extrem, das der starrachsige und mit kurzen Federwegen operierende Commodore darstellt. Natürlich profitieren bei dem relativ einfachen Fahrwerk des Commodore die übrigen Fahreigenschaften von dieser Auslegung, doch zeigte dieser Vergleichstest besser noch als frühere Einzeltests, daß sich Opel hier sehr einseitig festgelegt hat. Bei Daimler-Benz legt man bekanntlich auf hohen Fahrkomfort allergrößten Wert, und der 230 untermauert diese Vorstellung: Er kann als hervorragendes Beispiel für eine nahezu perfekte Federungsabstimmung gelten. Dabei spielt es keine Rolle, ob das Auto über kleine oder größere Bodenunebenheiten rollt oder ob es nur mit dem Fahrer oder voll besetzt ist – die Federung wird mit allen Aufgaben in überlegener Manier fertig und läßt den Konkurrenten kaum eine Chance. Das positive Komfort-Bild wird vom Fehlen jeglicher Karosseriegeräusche abgerundet, und auch Windgeräusche treten nur in sehr gemäßigter Form auf. Getrübt wird das Bild allenfalls vom relativ lauten Motorengeräusch.

Leiser und in allen Geschwindigkeitsbereichen nahezu vibrationsfrei geht es im BMW zu. Fraglos trägt aber der außerordentlich kultivierte Motor viel dazu bei, daß man in diesem Auto auch über lange Strecken und bei hohem Tempo den Eindruck komfortabler und höchst angenehmer Fortbewegung hat. Denn von der Federung wird man im BMW weniger verwöhnt – mit vergleichsweise kurzen, aber gut genutzten Federwegen operierend, ist sie eher sportlich-straff ausgelegt und läßt speziell bei niedrigen Geschwindigkeiten die Insassen über den jeweiligen Straßen zustand keinesfalls im unklaren. Nicht optimal genutzt haben die Versuchsleute bei Ford die Komfort-Möglichkeiten, die von den Konstrukteuren in das Granada-Fahrwerk investiert wurden: Hohes Gewicht, längster Radstand, sowie einzeln aufgehängte Räder und lange Federwege sind grundsätzlich beste Voraussetzungen für guten Fahrkomfort. Hinzu kommt der niedertourig und leise arbeitende V6-Motor.

Wenn das Ergebnis dennoch nicht ganz befriedigend ist, trägt daran viel zu weiche Dämpferkennung die Hauptschuld. Auf unebenen Straßen kommt der Aufbau häufig in Schwingungen, die Räder bleiben nur unvollkommen am Boden, und bei bestimmten aufeinanderfolgenden Bodenwellen kann es zu Überlagerungen kommen, die die ohnehin sehr weiche Federung zum Durchschalgen bringen. Besonders bei voll beladenem Wagen treten die Gummi-Anschläge häufig in Aktion und verursachen dadurch unangenehme Vertikalstöße in die Karosserie. Zweifellos wäre hier mit einer sorgfältigen Stoßdämpfer-Abstimmung viel zu gewinnen – wobei noch offen ist, ob nicht die Federungscharakteristik überhaupt zu weich ist. Jedenfalls sollen sich Fahrer, die ihren Granada häufig voll beladen oder sportlich fahren wollen, die für einen geringen Mehrpreis erhältlichen verstärkten Federn für Vorder- und Hinterasche einbauen lassen.

Daß der einseitig auf Straßenlage ausgelegte Commodore GS bei der Fahrkomfort-Wertung so sehr ins Hintertreffen gerät, verdankt er – wie vorher schon erwähnt – hauptsächlich den auch aus optischen Gründen stark beschnittenen Federwegen. Relativ laute Triebwerksgeräusche schmälern den Komfort zusätzlich, dagegen sind Windgeräusche dank sorgfältiger Ausbildung der Frontscheiben-Partie angenehm leise.

In der für diese Wagenklasse besonders wichtigen Komfort-Wertung kann der Mercedes sein Punktekonto kräftig aufbessern und die Verluste aus der Motor-Wertung fast kompensieren. Noch führt aber mit vier Punkten Vorsprung der BMW das Feld an – Ford und Opel liegen auf den Plätzen drei und vier.

Fahrkomfort

BMW

Ford

Mercedes

Opel

Schluckvermögen auf langen Bodenwellen

8

8

10

5

Schluckvermögen auf kurzen Unebenheiten

8

8

10

5

Langsamfahrkomfort

8

9

9

5

Abrollkomfort

8

7

9

6

Komfort vollbeladen

8

7

10

6

Gesamteindruck der Federung

8

8

10

5

Fahrgeräusche

9

8

8

7

Vibrationen

10

9

9

8

 

67

64

75

47

5. WERTUNG: FAHRSICHERHEIT

Seit jeher bemühen sich insbesondere europäische Automobilbauer um ein Höchstmaß an aktiver Sicherheit beim Autofahren. Sie bedienen sich dabei zum Teil recht differenter technischer Lösungen, die sich nicht nur in unterschiedlichen Details – beispielsweise an den Radaufhängungen – erschöpfen, sondern auch in völlig verschiedenartigen Konzeptionen zum Ausdruck kommen.

Die an diesem Sechszylinder-Vergleichstest beteiligten Autos sind alle nach der Standard-Bauweise konzipiert: Sie haben den Motor und das Getriebe vorn und treiben über Kardanwelle und Differential die Hinterräder an. Dieses Prinzip vereinigt bei größeren, leistungsstarken Autos die meisten technischen Vorzüge in sich und ist deshalb dominierend. Unterschiede gibt es bei den Testwagen allerdings an den Radaufhängungen: Während der BMW eine Federbein-Vorderasche mit hochgelegten Schraubenfedern hat, sind die Vorderräder der drei Konkurrenten an Querlenkern aufgehängt und über Schraubenfedern mit innenliegenden Teleskopstoßdämpfern gegen die Karosserie absgestützt. Als Hinteraschen kommen einheitlich – bis auf den Opel, dessen Antriebsräder von einer Starrasche mit Doppellängslenkern und Panhardstab gefürt werden – Einzelrad-Aufhängungen zum Einbau. Diese technisch aufwendigen Doppelgelenk-Schräglenker-Konstruktionen lassen erkennen, welche Bedeutung man dem Komplex der aktiven Fahrsicherheit beimißt.

Daß indes nicht allein hoher technischer Aufwand zu guten Ergebnissen führt, demonstrierte bei den Vergeleichsfahrten sehr eindrucksvoll der Opel Commodore GS: Durch ein nahezu neutrales Eigenlenkverhalten und eine offensichtlich geglückte, sportwagenmäßige Abstimmung zwischen Federung und Dämpfung sind selbst hohe Kurvengeschwindigkeiten risikolos möglich. Auch extreme Fahrzustände, wie sie beim Slalomfahren und beim Wedeln vorkommen, beeindrucken den GS nicht nennenswert. Mit völlig unproblematischer Kurvengängigkeit durchfuhr er die Übungen und erreichte die besten Zeiten. Bei plötzlichen Richtungsänderungen, gleichgültig ob leer oder beladen, kommen ihm fraglos die kurzen Federwege ebenso wie die serienmäßig eingebauten Bilstein-Gasdruckstoßdämpfer zustatten. Sie haben an der guten Bodenhaftung der Räder wesentlichen Anteil und halten die starre Hinterasche, die auf schlechter Fahrbahn zwar zu spürbaren, aber völlig harmlosen Versetzern neigt, gut im Zaum.

Bei zügiger Kurvenfahrt legt der Ford Granada eine angemessene Untersteuerungstendenz an den Tag, beim Fahren im Grenzbereich allerdings wirkt er weniger gutmütig: Durch die zu schwache Dämpfung arbeitet das Auto stark im Fahrwerk, wird taumelig und kann mitunter hinten sogar ziemlich plötzlich ausbrechen. Schnelle Richtungsänderungen machen ihm ebenfalls zu schaffen, Seitenneigung und Taumelbewegungen verstärken sich dabei und führen zu recht instabielen Fahrzuständen, deren Bereinigung mit Hilfe der unpräzisen Lenkung nicht immer leichtfällt. Ohne Zweifel leidet der in dieser Hinsicht noch nicht völlig ausgereifte Granada – ebenso wie im Fahrkomfort – an einer mangelhaften Stoßdämpfer- und Federungsabstimmung, die beispielsweise auch beim Überfahren von groben Unebenheiten durch starkes Springen der Räder offenkundig wird. Kleinere Bodenwellen werden dagegen glatt und geschmeidig geschluckt.

Wie alle Modelle aus dem Münchener Haus gehört der BMW 2500 zu den ausgeprägten Übersteurern. Diese sonders von sportlichen Fahrern geschätzte Eigenlenktendenz macht das Auto zwar handlich und kurvenwillig, erfordert in Grenzsituationen aber deutlich mehr fahrerische Routine, als man normalerweise erwarten kann. Wer mit dem BMW gut umgehen kann, wird freilich nicht enttäuscht: Beim Kreisbahntest erzielte der BMW die besten Werte, und auch beim Wedeln sowie bei den Slalomübungen machte er eine gute Figur; hier profitierte er neben der stets einwandfreien Bodenhaftung aller Räder allerdings auch von seinem kraftvollen Motor. Ebenso bewußt, wie die Fahreigenschaften des BMW auf ein sportfahrer-freundliches Kurventemperament gezüchtet sind, folgt der Mercedes 230 einer gemäßigteren, mehr sicherheitsbetonten Linie, die weniger fahrerisches Geschick voraussetzt, dabei aber keineswegs als unsportlich oder gar scherfällig zu bezeichnen ist. Im Gegenteil: Die Fahrwerksauslegung des 230 gestattet zusammen mit der hervorragenden Lenkung schnelles Fahren unter allen Bedingungen. Die Bodenhaftung ist selbst auf schlechter Fahrbahn ausgezeichnet, und das leicht untersteuernde Kurvenverhalten kann als ausgesprochen gutartig bezeichnet werden. Im Kurven-Grenzbereich bremst sich der 230 von selbst ab, und etwas zu schnell angegangene Straßenbiegungen lassen sich durch stärkeres Einlenken problemlos durchfahren. Die geringe Seitenneigung der Karosserie und die ausgewogene Fahrwerksabstimmung vermitteln einen ungemein guten Eindruck hoher Fahrstabilität, der auch bei plötzlichen Richtungsänderungen nicht verlorengeht. Hier kommt es durch den relativ großen hinteren Überhang nur beim beladenen Kofferraum zu geringfügigen Einbußen. Zu den Vorteilen der Standardbauweise zählt die Unempfindlichkeit gegen Seitenwind, und auch für einwandfrieen Geradeauslauf bei hohen Geschwindigkeiten bietet sie günstige Voraussetzungen. Die gemessenen Seitenwindabweichungen waren bei den Testwagen minimal, nur der vergleichsweise leichte Commodore wurde etwas weiter abgedrängt. Geringfügige Unterschiede ergaben sich im Bremsverhalten der Prüflinge: Als absolut spursicher und völlig frei von Fading erwies sich die Vierrad-Scheibenbremse des 230. Fast ebenbürtig war die Opel-Bremsanlage, die nur bei sehr langen Gefällen ein leichtes Abfallen der Bremskraft erkennen ließ. Etwas empfindlicher auf Dauerbelastung reagierte der ebenfalls mit vier Bremsscheiben ausgerüstete BMW, dessen Servounterstützung außerdem etwas zu giftig wirkte. Die Granada-Bremsen neigten mehr als die der anderen Wagen zum rRubbeln, was sich bei starker Beanspruchung durch die offenbar reichliche Verwendung von Gummi-Elementen in der Vorderaschlagerung bis zum kräftigen Schütteln steigern konnte.

Bei der Fahrsicherheits-Wertung erbrachte der Mercedes 230 den Beweis, daß guter Komfort keinesfalls mit Abstrichen an den Fahreigenschaften bezahlt werden muß, wenn konstruktiver Aufwand und gewissenhafte Abstimmung so perfekt wie in diesem Fall koordiniert werden. Daran mangelt es noch dem Ford Granada, während sich der reichlich unkomfortable Opel Commodore als ebenfalls sehr fahrsicheres Auto erwies. Der BMW wird seiner Rolle als Fahrer-Auto gerecht, stellt aber in manchen Disziplinen den Durchschnittsfahrer vor Probleme.

Meßwerte

BMW

Ford

Mercedes

Opel

Seitenwindabweichung (in m), Windgeschwindigkeit 90 km/h, Wagengeschwindigkeit 80 km/h.



1,45



1,47



1,87



2,57

Slalom (in km/h).

Slalom I
Pollerabstand 18 m



53,3



52,5



53,3



53,8

Slalom II (beladen)
Pollerabstand 18 m


50,4


50,2


50,6


51,0

Slalom III
Pollerabstand 36 m


105,3


100,4


100,4


107,1

Kreisbahn

(Geschwindigkeit in km/h)
65 m ø, Asphalt



52,0



51,8



49,1



51,9

75 m ø, Basalt

50,4

49,9

48,7

48,8

Wedeln

113,8

109,4

109,4

115,9

 

Fahrsicherheit

BMW

Ford

Mercedes

Opel

Kurvenverhalten

8

7

10

10

Beherrschbarkeit in kritischen Situationen

8

8

9

10

Stabilität bei Richtungs-änderungen, leer

8

7

9

10

Stabilität bei Richtungs-änderungen, beladen

7

6

8

10

Geradeauslauf bei hoher Geschwindigkeit

8

9

10

9

Stabilität bei Seitenwind

10

10

10

9

Winter-Fahrverhalten

5

6

6

6

Bodenhaftung auf schlechter Fahrbahn

9

6

10

7

Spursicherheit beim Bremsen

9

8

10

9

Bremswirkung bei normaler Beanspruchung

9

9

10

9

Bremswirkung bei hoher Beanspruchung

8

8

10

9

 

89

84

102

98

SCHLUßWERTUNG

Mit dem Mercedes 230 hat dieser Vergleich populärer Sechszylinder einen Sieger gefunden, der in vielen Punkten als vorbildlich und geradezu perfekt gelten kann. In Jahren gereift, vermag dieses Auto vor allem mit einer gediegenen, qualitativ hochwertigen Karosserie, erstklassigem Komfort und einer hochentwickelten Fahrsicherheit zu glänzen. Den speziel in der gehobenen Mittelklasse wünschenswerten Eindruck gepflegten Fahrens vermittelt der 230 in sehr überzeugender Weise, und auch der nicht mehr ganz zeitgemäße Motor kann daran nichts Grundsätzliches ändern. Daß der ebenfalls nicht mehr taufrische BMW 2500 nur knapp hinter dem Mercedes den zweiten Platz belegt, verdankt er in erster Linie seinem erstklassigen Triebwerk. Der ebenso moderne wie leistungsstarke Sechszylinder paßt exakt zum sportiven Image der Münchener Limousine, die von ihrem speziellen Reiz noch nichts verloren hat und nach wie vor besonders jüngere Leute anspricht.

Mit größerem Abstand folgen Ford und Opel, die beiden Neulinge in dieser Klasse. Zweifellos hätte sich der reichhaltig ausstafierte Granada in der Endabrechnung noch weiter vom Commodore GS absetzen können, wenn die Kölner bei der Fahrwerksabstimmung sorgfältiger vorgegangen wären. Seine einzeln aufgehängten und mit langen Federwegen versehenen Räder sowie der leise, automatik-fruendliche Motor lassen den Granada 3000 GXL vor allem als komfortable Reiselimousine erscheinen, zu der auch das behäbige Erscheinungsbild gut paßt. Der Opel Commodore hatte in diesem Vergleichstest einen schwereren Stand als zunächst erwartet. Schuld daran war vor allem der unbefriedigende Fahrkomfort, den man in dieser Klasse nicht erwartet und der – wie die Konkurrenz beweist – auch nicht nötig ist. Auch der Motor des Commodore vermochte verlorenes Punkte-Terrain nicht wieder wettzumachen, denn in dieser Disziplin bietet er im direkten Vergleich nur Durchschnittliches. Fraglos würde der Sechszylinder-Opel trotz fehlendem Komfort allein schon durch seine Form, seine Handlichkeit und seine guten Fahreigenschaften mehr Freude finden, wenn er die vom Vorgänger-Modell bekannten Motoreigenschaften hätte – eine Hoffnung, die möglicherweise vom zukünftigen GS/E mit 2,8 Liter-Motor erfüllt wird.

 

Gesamtwertung

BMW

Ford

Mercedes

Opel

Karosserie

101

100

113

100

Motor und Leistung

78

69

58

61

Handlichkeit und Bedienung

68

57

64

64

Fahrkomfort

67

64

75

47

Fahrsicherheit

89

84

102

98

 

403

374

412

370

 

Mercedes 230 – 412 Punkte
Kompakt-Limousine mit hohem Gebrauchswert und überdurchschnittlicher Qualität. Sehr guter Fahrkomfort. Unproblematische, sichere Fahreigenschaften, ausgezeichnete Lenkung und Bremsen. Unelastischer, nicht sehr laufruhiger Motor. Gute Handlichkeit und Übersicht.

BMW 2500 – 403 Punkte
Zweckmäßige Karosserieform mit sehr guter Übersichtlichkeit. Klassenbester Motor mit hohem Drehvermögen und großer Laufruhe, sehr gute Fahrleistungen, leichte Bedienbarkeit. Durch ausgeprägte Übersteuerungstendenz und direkte Lenkung gewöhnungsbedürftige Fahreigenschaften, gute Handlichkeit.

Ford Granada 3000 GXL – 374 Punkte
Kompakte, jedoch unübersichtliche Karosserieform. Laufruhiger, elastischer Motor, gute Fahrleistungen. Sehr reichhaltige Serienausstattung bei günstigem Preis. Komfort und Fahrsicherheit durch unausgereifte Abstimmung beeinträchtigt, unexakte Lenkung.

Opel Commodore GS – 370 Punkte
Modern gestylte, sportlich-elegante Form, gute Übersichtlichkeit. Sehr gute, problemlose Fahreigenschaften durch neutrales Eigenlenkverhalten. Durch kurze Federwege stark beeinträchtigter Komfort. Kraftlos wirkender, wenig laufruhiger Motor. Sehr günstiger Preis.

Aus auto motor und sport 15/1972.
Von Helmut Eicker.