BMW 2500 SECHSZYLINDER VERGLEICHSTEST (2)
Auto motor und sport vergleicht vier renommierte deutsche Sechszylinder-Modelle. Nachdem im ersten Teil die Karosserien und die Motoren bewertet wurden, geht es im abschließenden zweiten Teil darum, wie sich die vier Prestigeautos auf der Straße verhalten.
3. WERTUNG: HANDLICHKEIT,
BEDIENUNG
Mit
Recht erwartet man in der gehobenen Mittelklasse neben kultivierten
Laufeigenschaften des Motors, gutem Fahrkomfort und gediegener Ausstattung auch
eine bequeme und mühelose Handhabung des Wagens. Der Eindruck des gerade in
dieser Klasse angestrebten gepflegten Fahrens enststeht nämlich nicht zuletzt
durch die einwandfreie Funktion und die richtige Anordnung der einzelnen
Bedienungselemente. Auch die Übersichtlichkeit, die man vom Fahrersitz aus hat,
spielt dabei keine unwichtige Rolle, zumal bei den respektablen Abmessungen
dieser Autos der Handlichkeit natürliche Grenzen gesetzt sind.
Da
in diesem Zusammenhang die Lenkung von besonderer Bedeutung ist, andererseits
die gewichtigen Sechszylinder-Motoren durch erhöhten Druck auf die Vorderräder
die Lenkkräfte ziemlich stark ansteigen lassen, wurden alle vier Testwagen
vornherein mit Servo-Lenkungen ausgerüstet. Serienmäßig ist sie indes nur
beim Ford eingebaut, bei den übrigen Fabrikaten müssen bis zu 786 Mark (beim
BMW) extra bezahlt werden. Übrigens wurden, um von der Bereifung her keine
unerwünschten Unterschiede in die Meßergebnisse zu bekommen, die Testwagen
einheitlich mit Gürtelreifen des Typs Veith-Pirelli CN 36 versehen. Die
Servo-Wirkung der Lenkungen ist durchweg so bemessen, daß die Lenkräder selbst
bei komplizierten Rangier-Manövern auf engstem Raum spielend leicht bedient
werden können. Nur beim Commodore muß mehr Kraft aufgewendet werden – nicht
zuletzt deshalb, weil das griffsympatische Lenkrad den kleinsten Durchmesser hat.
Bei
schneller Überlandfahrt auf schmalen Straßen, wo ein präzises Reagieren auf
Lenkbewegungen besonders erwünscht ist, kann die Mercedes-Lenkung am besten
gefallen: Sie arbeitet absolut zielgenau, ist völlig stoßfrei und nimmt in
engen sowie in schnell gefahrenen weiten Kurven im Kraftaufwand angenehm
progressiv zu. Durch diese gelungene Auslegung vermittelt sie dem Fahrer das
notwendige Gefühl für Bodenkontakt und jeweiligen Fahrzustand – eine
Eigenschaft, die Servo-Lenkungen manchmal vermissen lassen. Die BMW-Lenkung
arbeitet ebenfalls sehr exakt, aber trotz des großen Lenkrades fast zu direkt
und etwas nervös, so daß sie vermehrte Aufmerksamkeit erfordert ziemlich gewöhnungsbedürftig
ist. Eine gute, ‚schnelle’ Lenkung hat auch der Commodore GS, die als
Servo-Lenkung nur etwas schwergängig ausgefallen ist. Eine völlig andere Art
der Auslegung bevorzugten die Ford-Techniker: Die schon fast amerikanisch
anmutende, extrem leichtgängige Granada-Lenkung ist wenig zielgenau und damit für
sportliches Fahren nicht besonders gut geeignet. Andererseits verzeiht sie
unabsichtigte Lenkradbewegungen großzügiger – eine Auslegung, wie sie im
Zusammenhang mit Sicherheitsautos in letzter Zeit häufiger diskutiert wurde.
Dem Testteam erschienen der BMW und der Mercedes dank sehr guter
Lenkeigenschaften und Übersichtlichkeit als besonders handlich. Nur der
ebenfalls sehr übersichtliche Opel büßt dadurch an Handlichkeit etwas ein, daß
er vergleichsweise hohe Lenkkräfte benötigt. Stärker fiel der Granada durch
seine zu tiefe Sitzposition und die hoch angesetzte Gürtellinie ab, was
zusammen mit der unpräzisen Lenkung den Eindruck von Schwerfälligkeit
aufkommen ließ. Durch mustergültige Schaltungen und sehr gut ablesbare und
optimal gestylte Instrumente sammelten der BMW und der Opel weitere Pluspunkte.
Nicht so gut schnitten hier der Mercedes und der Ford ab: Beim 230 geht die
Schaltung reichlich ‚eckig’, beim Ford ist der Querweg zu groß und der
Schalthebel dadurch im dritten Gang zu weit vom Fahrer entfernt. Auch die
Armaturen können bei diesen beiden Autos nicht so gut gefallen: Beim Mercedes wünscht
man sich statt des großflächigen Kombi-Instruments einen Drehzahlmesser –
beim Ford sind Tachometer und Drehzahlmesser in solch tiefen Schächten
untergebracht, daß die Ablesbarkeit eindeutig leidet.
Die
Anordnung und Ausführung der diversen Schalter und Hebel, zu denen auch die Betätigungshebel
für Heizung und Lüftung sowie für Sitz- und Lehnenverstellung zu zählen sind,
könnten beim BMW 2500 und beim Mercedes 230 als vorbildlich gelten, wenn beim
BMW der Blinkerhebel statt mit der rechten mit der linken Hand zu bedienen wäre
und wenn beim Mercedes der Scheibenwascher statt mit dem Fuß mit einem
Fingerhebel in Aktion gesetzt werden könnte. Auch beim besonders reichhaltig
ausstafierten Ford Granada und beim Commodore GS muß man mittels Fußpumpe auf
unzulängliche Weise Wasser auf die Windschutzscheibe spritzen. In dieser
Preisklasse sollte man die funktionelleren Aufpreis-Lösungen als
Serienausstattung erwarten können. In der Wertung Handlichkeit und Bedienung
kann sich der besonders mühelos und angenehm zu dirigierende BMW gegenüber dem
Mercedes und dem Opel einen geringen Vorsprung sichern. Der schwerfälligere
Granada muß dagegen eine größere Punkteinbuße hinnehmen.
Handlichkeit und Bedienung |
BMW |
Ford |
Mercedes |
Opel |
Lenkkräfte |
10 |
10 |
10 |
9 |
Lenk-Exaktheit |
10 |
8 |
10 |
9 |
Wendekreis |
9 |
8 |
9 |
10 |
Handlichkeit |
10 |
7 |
10 |
9 |
Schaltung |
10 |
8 |
8 |
9 |
Schalter und Hebel |
9 |
8 |
9 |
8 |
Armaturen |
10 |
8 |
8 |
10 |
|
68 |
57 |
64 |
64 |
4.
WERTUNG: FAHRKOMFORT
Autos
vom Gewicht und von der Größe der vier Testwagen bieten günstige technische
Voraussetzungen für guten Fahrkomfort. Das vorteilhafte Verhältnis von
Zuladung zu Eigengewicht, die voluminösen Reifen, der relativ lange Radstand
und die realisierbaren Federwege stellen die Konstrukteure vor weitaus geringere
Komfort-Probleme als sie bei kleineren Autos auftreten. Von der Geräuschseite
ergeben sich durch die Verwendung vibrationsarmer Sechszylindermotoren ebenfalls
gute Voraussetzungen, so daß man in der gehobenen Mittelklasse durchaus
hochgespannte Komfort-Erwartungen ansetzen kann und sich keinesfalls mit
Halbheiten abzufinden braucht.
Um
so erstaunlicher ist es, daß der Punkteunterschied in der Komfort-Wertung
zwischen dem Klassen-Besten und dem schlechtesten Konkurrenten größer als bei
allen anderen Wertungen ausfällt. Die Ursache hierfür dürfte indes nicht nur
im größeren Bauaufwand der Mercedes-Hinterasche zu suchen sein (BMW und Ford
verwenden ebenfalls Doppelgelenk-Schräglenker-Hinteraschen), sondern auch im
anderen extrem, das der starrachsige und mit kurzen Federwegen operierende
Commodore darstellt. Natürlich profitieren bei dem relativ einfachen Fahrwerk
des Commodore die übrigen Fahreigenschaften von dieser Auslegung, doch zeigte
dieser Vergleichstest besser noch als frühere Einzeltests, daß sich Opel hier
sehr einseitig festgelegt hat. Bei Daimler-Benz legt man bekanntlich auf hohen
Fahrkomfort allergrößten Wert, und der 230 untermauert diese Vorstellung: Er
kann als hervorragendes Beispiel für eine nahezu perfekte Federungsabstimmung
gelten. Dabei spielt es keine Rolle, ob das Auto über kleine oder größere
Bodenunebenheiten rollt oder ob es nur mit dem Fahrer oder voll besetzt ist –
die Federung wird mit allen Aufgaben in überlegener Manier fertig und läßt
den Konkurrenten kaum eine Chance. Das positive Komfort-Bild wird vom Fehlen
jeglicher Karosseriegeräusche abgerundet, und auch Windgeräusche treten nur in
sehr gemäßigter Form auf. Getrübt wird das Bild allenfalls vom relativ lauten
Motorengeräusch.
Leiser
und in allen Geschwindigkeitsbereichen nahezu vibrationsfrei geht es im BMW zu.
Fraglos trägt aber der außerordentlich kultivierte Motor viel dazu bei, daß
man in diesem Auto auch über lange Strecken und bei hohem Tempo den Eindruck
komfortabler und höchst angenehmer Fortbewegung hat. Denn von der Federung wird
man im BMW weniger verwöhnt – mit vergleichsweise kurzen, aber gut genutzten
Federwegen operierend, ist sie eher sportlich-straff ausgelegt und läßt
speziell bei niedrigen Geschwindigkeiten die Insassen über den jeweiligen Straßen
zustand keinesfalls im unklaren. Nicht optimal genutzt haben die Versuchsleute
bei Ford die Komfort-Möglichkeiten, die von den Konstrukteuren in das
Granada-Fahrwerk investiert wurden: Hohes Gewicht, längster Radstand, sowie
einzeln aufgehängte Räder und lange Federwege sind grundsätzlich beste
Voraussetzungen für guten Fahrkomfort. Hinzu kommt der niedertourig und leise
arbeitende V6-Motor.
Wenn
das Ergebnis dennoch nicht ganz befriedigend ist, trägt daran viel zu weiche Dämpferkennung
die Hauptschuld. Auf unebenen Straßen kommt der Aufbau häufig in Schwingungen,
die Räder bleiben nur unvollkommen am Boden, und bei bestimmten
aufeinanderfolgenden Bodenwellen kann es zu Überlagerungen kommen, die die
ohnehin sehr weiche Federung zum Durchschalgen bringen. Besonders bei voll
beladenem Wagen treten die Gummi-Anschläge häufig in Aktion und verursachen
dadurch unangenehme Vertikalstöße in die Karosserie. Zweifellos wäre hier mit
einer sorgfältigen Stoßdämpfer-Abstimmung viel zu gewinnen – wobei noch
offen ist, ob nicht die Federungscharakteristik überhaupt zu weich ist.
Jedenfalls sollen sich Fahrer, die ihren Granada häufig voll beladen oder
sportlich fahren wollen, die für einen geringen Mehrpreis erhältlichen verstärkten
Federn für Vorder- und Hinterasche einbauen lassen.
Daß
der einseitig auf Straßenlage ausgelegte Commodore GS bei der
Fahrkomfort-Wertung so sehr ins Hintertreffen gerät, verdankt er – wie vorher
schon erwähnt – hauptsächlich den auch aus optischen Gründen stark
beschnittenen Federwegen. Relativ laute Triebwerksgeräusche schmälern den
Komfort zusätzlich, dagegen sind Windgeräusche dank sorgfältiger Ausbildung
der Frontscheiben-Partie angenehm leise.
In
der für diese Wagenklasse besonders wichtigen Komfort-Wertung kann der Mercedes
sein Punktekonto kräftig aufbessern und die Verluste aus der Motor-Wertung fast
kompensieren. Noch führt aber mit vier Punkten Vorsprung der BMW das Feld an
– Ford und Opel liegen auf den Plätzen drei und vier.
Fahrkomfort |
BMW |
Ford |
Mercedes |
Opel |
Schluckvermögen auf langen Bodenwellen |
8 |
8 |
10 |
5 |
Schluckvermögen auf kurzen Unebenheiten |
8 |
8 |
10 |
5 |
Langsamfahrkomfort |
8 |
9 |
9 |
5 |
Abrollkomfort |
8 |
7 |
9 |
6 |
Komfort vollbeladen |
8 |
7 |
10 |
6 |
Gesamteindruck der Federung |
8 |
8 |
10 |
5 |
Fahrgeräusche |
9 |
8 |
8 |
7 |
Vibrationen |
10 |
9 |
9 |
8 |
|
67 |
64 |
75 |
47 |
5.
WERTUNG: FAHRSICHERHEIT
Seit
jeher bemühen sich insbesondere europäische Automobilbauer um ein Höchstmaß
an aktiver Sicherheit beim Autofahren. Sie bedienen sich dabei zum Teil recht
differenter technischer Lösungen, die sich nicht nur in unterschiedlichen
Details – beispielsweise an den Radaufhängungen – erschöpfen, sondern auch
in völlig verschiedenartigen Konzeptionen zum Ausdruck kommen.
Die
an diesem Sechszylinder-Vergleichstest beteiligten Autos sind alle nach der
Standard-Bauweise konzipiert: Sie haben den Motor und das Getriebe vorn und
treiben über Kardanwelle und Differential die Hinterräder an. Dieses Prinzip
vereinigt bei größeren, leistungsstarken Autos die meisten technischen Vorzüge
in sich und ist deshalb dominierend. Unterschiede gibt es bei den Testwagen
allerdings an den Radaufhängungen: Während der BMW eine Federbein-Vorderasche
mit hochgelegten Schraubenfedern hat, sind die Vorderräder der drei
Konkurrenten an Querlenkern aufgehängt und über Schraubenfedern mit
innenliegenden Teleskopstoßdämpfern gegen die Karosserie absgestützt. Als
Hinteraschen kommen einheitlich – bis auf den Opel, dessen Antriebsräder von
einer Starrasche mit Doppellängslenkern und Panhardstab gefürt werden –
Einzelrad-Aufhängungen zum Einbau. Diese technisch aufwendigen
Doppelgelenk-Schräglenker-Konstruktionen lassen erkennen, welche Bedeutung man
dem Komplex der aktiven Fahrsicherheit beimißt.
Daß
indes nicht allein hoher technischer Aufwand zu guten Ergebnissen führt,
demonstrierte bei den Vergeleichsfahrten sehr eindrucksvoll der Opel Commodore
GS: Durch ein nahezu neutrales Eigenlenkverhalten und eine offensichtlich geglückte,
sportwagenmäßige Abstimmung zwischen Federung und Dämpfung sind selbst hohe
Kurvengeschwindigkeiten risikolos möglich. Auch extreme Fahrzustände, wie sie
beim Slalomfahren und beim Wedeln vorkommen, beeindrucken den GS nicht
nennenswert. Mit völlig unproblematischer Kurvengängigkeit durchfuhr er die Übungen
und erreichte die besten Zeiten. Bei plötzlichen Richtungsänderungen, gleichgültig
ob leer oder beladen, kommen ihm fraglos die kurzen Federwege ebenso wie die
serienmäßig eingebauten Bilstein-Gasdruckstoßdämpfer zustatten. Sie haben an
der guten Bodenhaftung der Räder wesentlichen Anteil und halten die starre
Hinterasche, die auf schlechter Fahrbahn zwar zu spürbaren, aber völlig
harmlosen Versetzern neigt, gut im Zaum.
Bei
zügiger Kurvenfahrt legt der Ford Granada eine angemessene
Untersteuerungstendenz an den Tag, beim Fahren im Grenzbereich allerdings wirkt
er weniger gutmütig: Durch die zu schwache Dämpfung arbeitet das Auto stark im
Fahrwerk, wird taumelig und kann mitunter hinten sogar ziemlich plötzlich
ausbrechen. Schnelle Richtungsänderungen machen ihm ebenfalls zu schaffen,
Seitenneigung und Taumelbewegungen verstärken sich dabei und führen zu recht
instabielen Fahrzuständen, deren Bereinigung mit Hilfe der unpräzisen Lenkung
nicht immer leichtfällt. Ohne Zweifel leidet der in dieser Hinsicht noch nicht
völlig ausgereifte Granada – ebenso wie im Fahrkomfort – an einer
mangelhaften Stoßdämpfer- und Federungsabstimmung, die beispielsweise auch
beim Überfahren von groben Unebenheiten durch starkes Springen der Räder
offenkundig wird. Kleinere Bodenwellen werden dagegen glatt und geschmeidig
geschluckt.
Wie
alle Modelle aus dem Münchener Haus gehört der BMW 2500 zu den ausgeprägten
Übersteurern. Diese sonders von sportlichen Fahrern geschätzte
Eigenlenktendenz macht das Auto zwar handlich und kurvenwillig, erfordert in
Grenzsituationen aber deutlich mehr fahrerische Routine, als man normalerweise
erwarten kann. Wer mit dem BMW gut umgehen kann, wird freilich nicht enttäuscht:
Beim Kreisbahntest erzielte der BMW die besten Werte, und auch beim Wedeln sowie
bei den Slalomübungen machte er eine gute Figur; hier profitierte er neben der
stets einwandfreien Bodenhaftung aller Räder allerdings auch von seinem
kraftvollen Motor. Ebenso bewußt, wie die Fahreigenschaften des BMW auf ein
sportfahrer-freundliches Kurventemperament gezüchtet sind, folgt der Mercedes
230 einer gemäßigteren, mehr sicherheitsbetonten Linie, die weniger
fahrerisches Geschick voraussetzt, dabei aber keineswegs als unsportlich oder
gar scherfällig zu bezeichnen ist. Im Gegenteil: Die Fahrwerksauslegung des 230
gestattet zusammen mit der hervorragenden Lenkung schnelles Fahren unter allen
Bedingungen. Die Bodenhaftung ist selbst auf schlechter Fahrbahn ausgezeichnet,
und das leicht untersteuernde Kurvenverhalten kann als ausgesprochen gutartig
bezeichnet werden. Im Kurven-Grenzbereich bremst sich der 230 von selbst ab, und
etwas zu schnell angegangene Straßenbiegungen lassen sich durch stärkeres
Einlenken problemlos durchfahren. Die geringe Seitenneigung der Karosserie und
die ausgewogene Fahrwerksabstimmung vermitteln einen ungemein guten Eindruck
hoher Fahrstabilität, der auch bei plötzlichen Richtungsänderungen nicht
verlorengeht. Hier kommt es durch den relativ großen hinteren Überhang nur
beim beladenen Kofferraum zu geringfügigen Einbußen. Zu den Vorteilen der
Standardbauweise zählt die Unempfindlichkeit gegen Seitenwind, und auch für
einwandfrieen Geradeauslauf bei hohen Geschwindigkeiten bietet sie günstige
Voraussetzungen. Die gemessenen Seitenwindabweichungen waren bei den Testwagen
minimal, nur der vergleichsweise leichte Commodore wurde etwas weiter abgedrängt.
Geringfügige Unterschiede ergaben sich im Bremsverhalten der Prüflinge: Als
absolut spursicher und völlig frei von Fading erwies sich die
Vierrad-Scheibenbremse des 230. Fast ebenbürtig war die Opel-Bremsanlage, die
nur bei sehr langen Gefällen ein leichtes Abfallen der Bremskraft erkennen ließ.
Etwas empfindlicher auf Dauerbelastung reagierte der ebenfalls mit vier
Bremsscheiben ausgerüstete BMW, dessen Servounterstützung außerdem etwas zu
giftig wirkte. Die Granada-Bremsen neigten mehr als die der anderen Wagen zum
rRubbeln, was sich bei starker Beanspruchung durch die offenbar reichliche
Verwendung von Gummi-Elementen in der Vorderaschlagerung bis zum kräftigen Schütteln
steigern konnte.
Bei
der Fahrsicherheits-Wertung erbrachte der Mercedes 230 den Beweis, daß guter
Komfort keinesfalls mit Abstrichen an den Fahreigenschaften bezahlt werden muß,
wenn konstruktiver Aufwand und gewissenhafte Abstimmung so perfekt wie in diesem
Fall koordiniert werden. Daran mangelt es noch dem Ford Granada, während sich
der reichlich unkomfortable Opel Commodore als ebenfalls sehr fahrsicheres Auto
erwies. Der BMW wird seiner Rolle als Fahrer-Auto gerecht, stellt aber in
manchen Disziplinen den Durchschnittsfahrer vor Probleme.
Meßwerte |
BMW |
Ford |
Mercedes |
Opel |
Seitenwindabweichung
(in m), Windgeschwindigkeit 90 km/h, Wagengeschwindigkeit 80 km/h. |
|
|
|
|
Slalom (in
km/h). Slalom
I |
|
|
|
|
Slalom
II (beladen) |
|
|
|
|
Slalom
III |
|
|
|
|
Kreisbahn (Geschwindigkeit
in km/h) |
|
|
|
|
75 m
ø, Basalt |
50,4 |
49,9 |
48,7 |
48,8 |
Wedeln |
113,8 |
109,4 |
109,4 |
115,9 |
Fahrsicherheit |
BMW |
Ford |
Mercedes |
Opel |
Kurvenverhalten |
8 |
7 |
10 |
10 |
Beherrschbarkeit
in kritischen Situationen |
8 |
8 |
9 |
10 |
Stabilität
bei Richtungs-änderungen, leer |
8 |
7 |
9 |
10 |
Stabilität
bei Richtungs-änderungen, beladen |
7 |
6 |
8 |
10 |
Geradeauslauf
bei hoher Geschwindigkeit |
8 |
9 |
10 |
9 |
Stabilität
bei Seitenwind |
10 |
10 |
10 |
9 |
Winter-Fahrverhalten |
5 |
6 |
6 |
6 |
Bodenhaftung
auf schlechter Fahrbahn |
9 |
6 |
10 |
7 |
Spursicherheit
beim Bremsen |
9 |
8 |
10 |
9 |
Bremswirkung
bei normaler Beanspruchung |
9 |
9 |
10 |
9 |
Bremswirkung
bei hoher Beanspruchung |
8 |
8 |
10 |
9 |
|
89 |
84 |
102 |
98 |
SCHLUßWERTUNG
Mit
dem Mercedes 230 hat dieser Vergleich populärer Sechszylinder einen Sieger
gefunden, der in vielen Punkten als vorbildlich und geradezu perfekt gelten kann.
In Jahren gereift, vermag dieses Auto vor allem mit einer gediegenen, qualitativ
hochwertigen Karosserie, erstklassigem Komfort und einer hochentwickelten
Fahrsicherheit zu glänzen. Den speziel in der gehobenen Mittelklasse wünschenswerten
Eindruck gepflegten Fahrens vermittelt der 230 in sehr überzeugender Weise, und
auch der nicht mehr ganz zeitgemäße Motor kann daran nichts Grundsätzliches
ändern. Daß der ebenfalls nicht mehr taufrische BMW 2500 nur knapp hinter dem
Mercedes den zweiten Platz belegt, verdankt er in erster Linie seinem
erstklassigen Triebwerk. Der ebenso moderne wie leistungsstarke Sechszylinder paßt
exakt zum sportiven Image der Münchener Limousine, die von ihrem speziellen
Reiz noch nichts verloren hat und nach wie vor besonders jüngere Leute
anspricht.
Mit
größerem Abstand folgen Ford und Opel, die beiden Neulinge in dieser Klasse.
Zweifellos hätte sich der reichhaltig ausstafierte Granada in der Endabrechnung
noch weiter vom Commodore GS absetzen können, wenn die Kölner bei der
Fahrwerksabstimmung sorgfältiger vorgegangen wären. Seine einzeln aufgehängten
und mit langen Federwegen versehenen Räder sowie der leise,
automatik-fruendliche Motor lassen den Granada 3000 GXL vor allem als
komfortable Reiselimousine erscheinen, zu der auch das behäbige
Erscheinungsbild gut paßt. Der Opel Commodore hatte in diesem Vergleichstest
einen schwereren Stand als zunächst erwartet. Schuld daran war vor allem der
unbefriedigende Fahrkomfort, den man in dieser Klasse nicht erwartet und der –
wie die Konkurrenz beweist – auch nicht nötig ist. Auch der Motor des
Commodore vermochte verlorenes Punkte-Terrain nicht wieder wettzumachen, denn in
dieser Disziplin bietet er im direkten Vergleich nur Durchschnittliches. Fraglos
würde der Sechszylinder-Opel trotz fehlendem Komfort allein schon durch seine
Form, seine Handlichkeit und seine guten Fahreigenschaften mehr Freude finden,
wenn er die vom Vorgänger-Modell bekannten Motoreigenschaften hätte – eine
Hoffnung, die möglicherweise vom zukünftigen GS/E mit 2,8 Liter-Motor erfüllt
wird.
Gesamtwertung |
BMW |
Ford |
Mercedes |
Opel |
Karosserie |
101 |
100 |
113 |
100 |
Motor
und Leistung |
78 |
69 |
58 |
61 |
Handlichkeit
und Bedienung |
68 |
57 |
64 |
64 |
Fahrkomfort |
67 |
64 |
75 |
47 |
Fahrsicherheit |
89 |
84 |
102 |
98 |
|
403 |
374 |
412 |
370 |
Mercedes
230 – 412 Punkte
Kompakt-Limousine mit hohem Gebrauchswert und überdurchschnittlicher Qualität.
Sehr guter Fahrkomfort. Unproblematische, sichere Fahreigenschaften,
ausgezeichnete Lenkung und Bremsen. Unelastischer, nicht sehr laufruhiger Motor.
Gute Handlichkeit und Übersicht.
BMW
2500 – 403 Punkte
Zweckmäßige Karosserieform mit sehr guter Übersichtlichkeit. Klassenbester
Motor mit hohem Drehvermögen und großer Laufruhe, sehr gute Fahrleistungen,
leichte Bedienbarkeit. Durch ausgeprägte Übersteuerungstendenz und direkte
Lenkung gewöhnungsbedürftige Fahreigenschaften, gute Handlichkeit.
Ford
Granada 3000 GXL – 374 Punkte
Kompakte, jedoch unübersichtliche Karosserieform. Laufruhiger, elastischer
Motor, gute Fahrleistungen. Sehr reichhaltige Serienausstattung bei günstigem
Preis. Komfort und Fahrsicherheit durch unausgereifte Abstimmung beeinträchtigt,
unexakte Lenkung.
Opel
Commodore GS – 370 Punkte
Modern gestylte, sportlich-elegante Form, gute Übersichtlichkeit. Sehr gute,
problemlose Fahreigenschaften durch neutrales Eigenlenkverhalten. Durch kurze
Federwege stark beeinträchtigter Komfort. Kraftlos wirkender, wenig laufruhiger
Motor. Sehr günstiger Preis.
Aus
auto motor und sport 15/1972.
Von
Helmut Eicker.